Xavier Di Petta (17) und Kyle Cameron (19) haben geschafft, wovon Social-Media-Nutzer rund um den Globus träumen. Die jungen Männer erreichen mit ihren Tweets Tag für Tag ein Millionenpublikum. Stolze 905'000 Follower haben sich beim Twitter-Profil @HistoryInPics registriert. Und täglich werden es Zehntausende mehr. Seit Juli 2013! Eindrücklich ist auch die Zahl der Twitter-Nutzer, die zur Weiterverbreitung beitragen. Im Durchschnitt sind es 1600 Retweets und 1800 Favorisierungen, wie das US-Magazin «The Atlantic» in einem spannenden Beitrag (engl.) festhält.
Das Erfolgsgeheimnis der beiden Teenager? Mit den alten Fotos und historischen Aufnahmen sprechen sie die Massen an und treffen den Nerv der Zeit, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.
Halloween, early 1900s pic.twitter.com/1nZf6zx0xG
— History In Pictures (@HistoryInPics) 24. Januar 2014
Girls at a 1980's mall pic.twitter.com/nqIFjPM89v
— History In Pictures (@HistoryInPics) 24. Januar 2014
William Harley and Arthur Davidson, 1914 pic.twitter.com/HxA5qGdAtT
— History In Pictures (@HistoryInPics) 24. Januar 2014
Unzählige andere Twitter-Nutzer versuchen ebenfalls mit witzigen und skurrilen Aufnahmen zu punkten. Doch offenbar haben Xavier und Kyle ein fantastisches Händchen. Dies beweist der zweite erfolgreiche Twitter-Account @EarthPix, den sie führen.
River Valley, Lancaster, UK pic.twitter.com/qqlDnFZz4N
— Earth Pics (@EarthPix) 23. Januar 2014
Laut Bericht von «The Atlantic» lebt der 17-jährige Xavier in einem kleinen australischen Dorf, zwei Stunden nördlich von Melbourne. Der heute 19-jährige Kyle studiert in Hawaii. Kennengelernt haben sich die beiden als Teenager – bei YouTube. Sie haben zusammen YouTube-Kanäle aufgebaut und viel Geld mit Werbung verdient, ohne sich im realen Leben zu treffen. Sie haben Facebook-Seiten erschaffen und diese, als sie populär waren und Millionen von Likes zählten, an Dritte weiterverkauft. Mit weiteren erfolgreichen Projekten wollen sie nicht namentlich in Verbindung gebracht werden, heisst es.
Bei den über @HistoryInPics veröffentlichten Aufnahmen fehlt häufig die Quellenangabe. Doch die Kritik, dass sie sich schamlos bei anderen bedienen, lässt die beiden jungen Männer scheinbar kalt. Fotografen könnten sich jederzeit via Twitter beschweren, erklärte Xavier. Wenn bewiesen sei, dass ein Bild geschützt sei, werde es gelöscht. Andererseits gebe es für die Fotografen ja auch einen erwünschten Werbeeffekt durch das grosse Publikum ...
«Aus Schweizer Sicht wäre es problematisch, einen Twitter-Account wie @HistoryInPics zu betreiben», sagt der Rechtsanwalt Martin Steiger auf Anfrage von watson. Steiger ist selber ein aktiver Twitter-Nutzer und beschäftigt sich beruflich mit Urheberrechtsverletzungen im Internet. Er sagt, hierzulande seien Aufnahmen bis 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen geschützt. In den USA, wo das Social-Media-Unternehmen Twitter seinen Geschäftssitz hat, sei dies anders. «Dort sind bestimmte nicht-autorisierte Nutzungen als Fair Use erlaubt.»
Im Übrigen müsse Twitter nicht von sich aus aktiv werden, wenn jemand durch die Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material gegen die Nutzungsbestimmungen verstosse. Gemäss US-amerikanischer Gesetzgebung genüge ein Online-Meldesystem. Über dieses System können Betroffene oder Drittpersonen Verstösse melden, worauf die beanstandeten Inhalte von den Servern gelöscht werden.
Aus Schweizer Sicht sei das Weiterverbreiten von Tweets (Retweets, Favorisierung, Einbetten in andere Webseiten) nicht problematisch, sagt Steiger. Als Nutzer mache man sich keiner direkten Urheberrechtsverletzung schuldig und müsse auch nicht jeden weiterverbreiteten Tweet «auf eine mögliche Urheberrechtsverletzung hin abklopfen». Zudem sei es für die Rechteinhaber schwer, den durch eine widerrechtliche Verwendung erlittenen Schaden zu beziffern und zu beweisen.
Hingegen mahnt der Rechtsanwalt Twitter-Nutzer zur Vorsicht, was das aktive Veröffentlichen von Material aus unbekannten Quellen betrifft. «Man muss eigentlich immer davon ausgehen, dass Bilder urheberrechtlich geschützt sind.» Vielmehr empfehle sich, eigene Fotos zu machen. «Man kann auch gezielt über Suchmaschinen nach nicht-geschützten Inhalten suchen.» So finde man Fotos, die gemäss «Creative Commons»-Lizenz von Dritten verwendet werden dürfen. Historische Aufnahmen seien etwa im Online-Archiv der ETH-Bibliothek zu finden. Schliesslich gebe es auch noch die Möglichkeit, den «Guerilla-Pfad» zu beschreiten. Das Internet sei aber kein rechtsfreier Raum.