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Depression: die versteckte Botschaft von Rebekah Miles' Tattoo

Auf Rebekah Miles linkem Oberschenkel steht nun für immer «Es geht mir gut». Aber das ist nicht alles.
Auf Rebekah Miles linkem Oberschenkel steht nun für immer «Es geht mir gut». Aber das ist nicht alles.Bild: facebook/bekah miles

Die Message hinter diesem Tattoo ist ziemlich eindrücklich – doch man versteht sie erst, wenn man das Bild auf dem Kopf liest

01.09.2015, 10:5201.09.2015, 12:10
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«Es geht mir gut.» Wer nicht lange über den eigenen Gemütszustand reden und keine weiteren Fragen beantworten möchte, der bedient sich schon mal ab und an dieser Floskel. Auch Rebekah Miles hat Freunde und Familie immer wieder versucht zu beruhigen, indem sie gesagt hat «I'm fine».

Doch in Wirklich geht es der jungen Frau schon seit langer Zeit nicht mehr gut, denn sie leidet unter Depressionen. Um sich selbst und ihrer Familie gegenüber endlich dazu zu stehen, hat sie beschlossen, sich ein Tattoo stechen zu lassen, welches ihre gesamte Gefühlslage auf sehr schlaue Art und Weise darlegt.

Aus «Es geht mir gut» wird «Rettet mich»

Denn: Wer vor der jungen Frau steht, liest auf ihrem Bein ab sofort die immer gleiche Floskel «I'm fine». Aus Miles' Perspektive jedoch steht da etwas völlig anderes, nämlich «Save me» – also «Rettet mich».

Nachdem das Tattoo fertig gestochen war, hat die 20-Jährige zwei Fotos davon auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht. In einem sehr langen Begleittext, der unter anderem an ihre Eltern gerichtet ist, legt sie ihre gesamte Gefühlslage offen.

Hier die Übersetzung des Textes:

(Liebe Mama, lieber Papa. Bitte killt mich nicht wegen dieses endgültigen Entscheids. Ich möchte, dass ihr mich ausreden lasst.)

Ich möchte heute über eine Sache reden, von der nur wenige von euch wissen. Ich bin nun bereit, über meine mentale Krankheit zu sprechen. Letztes Jahr wurde bei mir eine Depression diagnostiziert. Doch wenn ich ehrlich bin, bestand das Problem wohl schon eine ganze Weile länger. Es ist dann, glaube ich, immer schlimmer geworden, bis zu dem Punkt, an dem nichts mehr funktioniert hat.

Heute habe ich mich nun also tätowieren lassen. Ich denke, dass mein Bein die beste Stelle dafür ist, um die eigentliche Bedeutung, die dahinter steht, deutlich zu machen. Alle anderen Menschen lesen dort «Es geht mir gut», doch aus meiner Perspektive steht da «Rettet mich». Für mich bedeutet das, dass die anderen Menschen eine Person sehen, der es gut zu gehen scheint, doch in Wahrheit ist es überhaupt nicht gut. Es erinnert mich daran, dass Menschen, die glücklich scheinen, in Wirklichkeit vielleicht einen Kampf mit sich selbst austragen.

Depression sind für mich die Tage, an denen ich grundlos traurig bin.
Depression sind die Tage, an denen ich das Gefühl habe, dass ich nicht mal in der Lage bin, aufzustehen.
Depression bedeutet zu viel oder zu wenig zu schlafen.
Depression ist die ganze Hausarbeit, die ich nie erledigt habe, weil ich schlicht und einfach das Gefühl hatte, nicht in der Lage zu sein.
Depression sind die Zusammenbrüche, die ich absolut grundlos erleide.
Depression bedeutet zu viel oder zu wenig zu essen.
Depression sind die Nächte, in denen ich vor Überwältigung weine, obwohl eigentlich alles in Ordnung ist.
Depression sind die 50 Pfund, die ich ständig in meiner Brust mitschleppe.
Depression ist der Drang danach, ständig abgelenkt zu sein (indem man auf Social Media Kanälen unterwegs ist, Videospiele spielt, Filme oder TV-Shows schaut oder die ganze Zeit arbeitet), weil ich meinen Gedanken nicht länger als drei Minuten lang trauen kann.
Depression sind die Freundschaften, die gelitten haben, wegen meiner Unfähigkeit zu funktionieren.
Depression sind die schmerzhaften Gedanken und Taten, die ich gegen mich selbst richte.
Depression sind die Tränen, die ich weine, weil ich nicht weiss, warum ich mich so wertlos fühle, obwohl ich weiss, dass ich eigentlich glücklich sein sollte.

Rebekah Miles spricht auf Facebook über ihre wahren Gefühle.
Rebekah Miles spricht auf Facebook über ihre wahren Gefühle.bild: facebook/bekah miles

Kaum etwas ist so schwer, wie darüber zu sprechen, weil es extrem hart für mich ist, mich verletzlich zu fühlen. Doch es muss darüber gesprochen werden. Psychische Krankheiten sind ein ernstes Thema, doch in unserer Gesellschaft schämt man sich dafür. Wir machen uns so viele Gedanken um unsere physische Gesundheit, doch kümmern uns kaum um unseren psychischen Zustand. Und das geht wirklich gar nicht. Niemand sucht es sich aus, mental krank zu sein, es kann jeden treffen. Es ist so ein gewaltiges Problem, warum reden wir nicht darüber?

Darum habe ich dieses Tattoo stechen lassen. Es ist ein guter Anfangspunkt für eine Diskussion. Es zwingt mich dazu, über meinen eigenen Kampf und über die Wichtigkeit des Bewusstseins darüber zu reden. Du wärest überrascht, wenn du wüsstest, wie viele Menschen DU kennst, die ebenfalls mit einer Depression, Ängsten oder einer anderen mentalen Krankheiten zu kämpfen haben. Ich bin vielleicht nur eine Person, aber jede Person kann eine andere retten. Und das ist alles, worum ich bitte.

Vielleicht ist das ein Grund dafür, warum ich mich so sehr für Psychologie interessiere. Ich möchte Menschen helfen, denen es so geht, wie es mir ging – und heute noch geht – denn es ist die Hölle. Das wünsche ich niemandem.

«Ich glaube, traurige Menschen versuchen immer am härtesten, andere Menschen glücklich zu machen, weil sie wissen, wie es ist, wenn man sich absolut wertlos fühlt, und weil sie nicht wollen, dass jemand anderes dasselbe empfindet.» – Robin Williams

Danke an alle, die mir in meinem Kampf geholfen haben. Ohne euch wäre ich nicht da, wo ich heute bin.

Für ihren Mut und ihre Ehrlichkeit erntet die 20-Jährige jede Menge Applaus: Knapp 400'000 Leute haben ihren Beitrag inzwischen geliked, über 300'000 Mal wurde er geteilt. (viw)

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4 Kommentare
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E-Lisa
01.09.2015 11:19registriert Juni 2015
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