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Wie Apple mit 4 fragwürdigen Methoden zu seinen Milliarden kam 

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Bild: ANDY RAIN/EPA/KEYSTONE
Ausbeutung, Steuertricks & Co

Wie Apple mit 4 fragwürdigen Methoden zu seinen Milliarden kam 

Apple verdiente 18 Milliarden Dollar in drei Monaten. Kein Konzern hat je so viel Gewinn gemacht. Profitabel ist der iPhone-Hersteller auch wegen fragwürdiger Geschäfte. Wir nennen vier besonders zweifelhafte Methoden.
28.01.2015, 17:0928.01.2015, 23:30
stefan schultz
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Mit Apples Riesengewinn lassen sich allerlei Rechenspiele veranstalten. Zum Beispiel hat der iPhone-Konzern zwischen Oktober und Dezember in jeder Sekunde mehr eingenommen, als viele deutsche Arbeitnehmer netto in einem ganzen Monat verdienen. 2264 Dollar sind es, um genau zu sein. 

Das ist zunächst einmal sehr beeindruckend. Es ist ein Zeichen für das geniale Einfühlungsvermögen des inzwischen verstorbenen Firmengründers Steve Jobs in die Psyche des Konsumenten. Milliarden Menschen wünschten sich ein Gerät, mit dem sie auf einfache, angenehme Weise von unterwegs ins Internet gehen konnten. Also erfand Jobs ein internetfähiges Handy mit berührungsempfindlichem Bildschirm, das iPhone. Heute, im neunten Jahr seines Bestehens, macht das iPhone rund 69 Prozent von Apples Gesamtumsatz aus. 

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Der Mann mit dem genialen Einfühlungsvermögen: Steve Jobs.gif: giphy

Gleichzeitig ist Apples historischer Quartalsgewinn ein Paradebeispiel für gelungene Vermarktung. Denn das iPhone wurde zwar oft kopiert, ist aber im Segment der Oberklasse-Handys noch immer beispiellos erfolgreich. So kostet die Produktion eines iPhone 6 nach Angaben des Branchendienstes iSupply je nach Speicherausstattung zwischen 200 und 247 Dollar, kaum mehr als die Herstellung eines iPhone 5. Der Kaufpreis des iPhone 6 dagegen liegt im Schnitt mehr als 100 Dollar höher als beim vorigen Modell. Entsprechend stieg Apples Gewinnmarge: An jedem Dollar Umsatz verdiente der Konzern im Winterquartal 2014 beachtliche 24 Cent.  

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Beispiellos erfolgreich: Das iPhone.gif: giphy

Apples hohe unternehmerische Qualität hat an dem Rekordgewinn einen grossen Anteil. Aber sie ist nicht der einzige Grund für den Erfolg. Dass der Konzern so viel verdient, liegt auch an einer Reihe zweifelhafter Geschäftspraktiken.

1. Ausbeuterische Produktion

Wanderarbeiter bei Foxconn: Leistungsdruck bis zum Suizid.
Wanderarbeiter bei Foxconn: Leistungsdruck bis zum Suizid.Bild: AP

Am 30. September 2014 brachte sich bei Foxconn, der Firma, die unter anderem Apples iPhone 6 zusammensetzt, der Arbeiter Xu Lizhi um. Xu war 24 und schrieb gern Gedichte. Offiziell war es der achte Suizid seit 2010 bei dem Produktionsgiganten, der geschätzte 40 bis 50 Prozent seines Umsatzes durch Apple-Aufträge macht. 

Dass Apple so grosse Gewinne macht, liegt nicht zuletzt daran, dass iPhone, iPad und andere Geräte unter ausbeuterischen Bedingungen gefertigt werden. 

Nach dem Selbstmord Xu Lizhis: Ein Polizist neben einem Protestplakat, das sich gegen die unethischen Bedingungen von Apple und Foxconn richtet.
Nach dem Selbstmord Xu Lizhis: Ein Polizist neben einem Protestplakat, das sich gegen die unethischen Bedingungen von Apple und Foxconn richtet.Bild: AP

Foxconn steht seit Jahren in der Kritik. Apple hat versprochen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, unternimmt aber bislang nur halbherzige Versuche. Zwar arbeitet Apple inzwischen mit der Fair Labor Association zusammen, um die Zustände in den Fabriken zu verbessern, in denen die Geräte gefertigt werden. Bewirkt hat die Kooperation mit dieser von der US-Industrie finanzierten Organisation aber wenig.

Die Zustände haben sich zuletzt eher verschlimmert. Denn im einstigen Billiglohnland China steigen mittlerweile rapide die Gehälter. Konzerne wie Foxconn erhöhen in der Folge die Arbeitsleistung pro Kopf. Bei der Firma Pegatron, einem anderen in China produzierenden Apple-Zulieferer, müssen nach Angaben der Menschenrechtsorganisation China Labor Watch teils sogar Schwangere bis zu elf Stunden täglich arbeiten.

2. Dreiste Steuertricks

«Apple hat den Heiligen Gral der Steuervermeidung gesucht.»

Als ein Unterausschuss des US-Senats vor anderthalb Jahren Apples Steuersparmodell decodierte, lautete das Fazit: «Apple war nicht damit zufrieden, Gewinne in ein Niedrigsteuer-Paradies zu verlegen. Apple hat den Heiligen Gral der Steuervermeidung gesucht.»

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Offenbar gelang das. 2012 habe der Konzern seine Unternehmenssteuern um rund ein Drittel gedrückt, hiess es in dem Untersuchungsbericht. Statt der in den USA vorgesehenen 35 Prozent habe Apple auf seine Gewinne nur rund 20 Prozent Steuern gezahlt. Möglich war das durch ein Drei-Stufen-Modell, bei dem Erlöse so um den Globus geschoben werden, dass für sie zum Teil in überhaupt keinem Land mehr Abgaben anfallen. Wie das genau funktioniert, können Sie hier nachlesen.

Apple selbst hat den Vorwurf der Steuertrickserei stets zurückgewiesen. Man sei der «vielleicht grösste Unternehmensteuerzahler» in den Vereinigten Staaten, teilte das Unternehmen mit. Man könne die Vorwürfe nicht nachvollziehen.

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3. Fragwürdiger Datenschutz

Fast 75 Milliarden Dollar Umsatz machte Apple zwischen Oktober und Dezember. Mehr als ein Fünftel dieser Umsätze kamen aus China, Hong Kong und Taiwan – einer Region, in der Apple seine Verkäufe massiv ausbauen will. Nur einen Tag vor Bekanntgabe der Rekordzahlen hatte noch eine ganz andere Apple-China-Meldung für Schlagzeilen gesorgt.

Laut einem Bericht der «Beijing News» (Bericht auf Chinesisch) soll Tim Cook dem chinesischen Internet-Zar Lu Wei Sicherheitschecks seiner Geräte erlaubt haben. Analysten befürchten, dass chinesische Behörden nun Zugang zum Quellcode von Apples Betriebssystem iOS bekommen und in der Folge Schwachstellen identifizieren, die sich für Zensur oder Spionage ausnutzen lassen. Kurz: Sie verdächtigen Apple, die Sicherheit seiner Kunden verraten und verkauft zu haben, um in China weiter wachsen zu können.

Belege für diese Vorwürfe gibt es nicht, Apple selbst hat die Berichte nicht kommentiert. Dass Analysten aber überhaupt auf solche Gedanken kommen, ist kein Zufall. Denn es gab immer wieder Anzeichen dafür, dass der Konzern es im Zuge seiner Expansion mit dem Datenschutz nicht so wichtig nimmt. So zeichnet das iPhone unter anderem standardmässig auf, wo sich der Nutzer aufhält – und speichert diese Information in eine Datei auf dem Telefon.

4. Kurskosmetik

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Bild: spiegel online

Neben den beeindruckenden Quartalszahlen hatte Tim Cook am Dienstag noch eine andere Neuigkeit in petto: Apples Smartwatch wird im April in die Läden kommen. Der Start dieser neuen Gerätereihe wird auch ein Realitätscheck sein. Immer mehr Analysten fragen sich, ob Apple auch nach dem Tod von Steve Jobs noch revolutionäre Produkte auf den Markt bringen kann oder ob der Konzern inzwischen ein Innovationsproblem hat.

Apple-Mitbegründer Steve Jobs (l.) und der damalige Präsident John Sculley im Januar 1984 bei der Präsentation des ersten Macs.
Apple-Mitbegründer Steve Jobs (l.) und der damalige Präsident John Sculley im Januar 1984 bei der Präsentation des ersten Macs.bild: 10001 upi

Vertraute sagen, Cook sei im Vergleich zu Firmengründer Steve Jobs mehr Buchhalter als Prediger, mehr Arbeitstier als Visionär. Das nährt die Befürchtung, dass sich die Kreativität des neuen Apple-Chefs vor allem in Steuertricks, Effizienzsteigerungen und Aktienkurskosmetik erschöpft. So hat das Unternehmen unter Cook im grossen Stil eigene Aktien zurückgekauft und so den Börsenkurs in die Höhe getrieben – aber seit dem Tod des legendären Firmengründers noch kein neues, revolutionäres Produkt herausgebracht.

Immerhin: Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind unter Cooks Führung wieder etwas gestiegen. Während Steve Jobs sie auf bis zu zwei Prozent zurückgefahren hatte, machten sie im vergangenen Geschäftsjahr mit einem Volumen von rund sechs Milliarden Dollar immerhin gut 3,2 Prozent des Umsatzes aus. Im Vergleich zu anderen IT-Riesen ist die Forschungsquote allerdings noch immer gering. Beim Konkurrenten IBM etwa lag sie 2013 bei mehr als sechs Prozent.

Die Zukunft des iPhones

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Am 9. September (Mittwoch) präsentiert Apple die neuen iPhones.
quelle: epa/epa / franck robichon
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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Christian Denzler
28.01.2015 18:02registriert Februar 2014
Alle aufgezählten Punkte werden stimmen und sind fragwürdig. Nun soll man mir aber einen Smartphone-Hersteller (nicht das Fairphone) zeigen, der nicht genau gleich handelt. Steuerbeschönigung haben wir Schweizer ja fast erfunden. Laut Schneider-Ammann ist es ja urschweizerisch ;)

Die Ausbeutung und schlechten Bedingungen auch bei den Rohstoffen betreffen ebenfalls alle Anbieter. Allen voran Samsung und HTC. Beim Rohstoff verbockt dann auch die Schweiz ganz schön viel.

Apple trifft nicht mehr und nicht weniger Schuld wie alle anderen. Sie sind halt einfach ein gutes Ziel und bieten solide Klicks für Online-Medien ;). Wen interessiert es schon, wenn Samsung oder HTC gebasht werden?

Zwei Kritikpunkte habe ich aber: als grösster Player könnten sie aktiv mehr tun, um die Bedingungen zu verbessern und wenn Apple genau gleich produziert wie alle anderen, dann sollten sie fairere Preise machen. Aber da spielt halt der Markenwert und Kultstatus mit. Ein Nike-Schuh kostet mich auch das 10-fache eines am selben Ort produzierten Sportschuhs von Ochsner Sport oder Dosenbach. Rational? Nein aber Kapitalismus.
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Nunja
28.01.2015 18:07registriert November 2014
Übernehmt doch nicht jeden Schrott-Artikel des Spiegel. Ich weiss, hunderte Leser haben sich dort schon darüber aufgeregt und Entgegnungen geschrieben, das kann für Euch ja auch funktionieren. Aber nicht jede Reaktion ist auch gut für Euch. Alle Punkte sind in den Spiegel-Kommentaren erschöpfend widerlegt worden. Geht einfach dorthin...
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