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Yonnihof
20.10.2015, 13:2320.10.2015, 13:27
Sie scheinen sich in
letzter Zeit zu häufen: Die Berichte übers Singlesein in der Stadt Zürich.
Sowohl in den Zeitungen als auch in meinem privaten Umfeld ist der Tenor immer
wieder: «Es liegt an der Stadt.» Dann nicken alle eifrig und sagen ja, es sei
wirklich schwierig. Gerade mit den Männern. Züri-Buebe. Flatterhaft seien sie und
unzuverlässig.
Es liegt an der
Stadt.
Fakt ist doch, dass
eine Stadt niemanden per Elektroschock davon abhält, einen nach dem Date anzurufen. Eine Stadt liefert niemandem ein Factsheet mit den «25
billigsten Ausreden, um sich aus der Affäre zu ziehen» und es ist auch nicht
die Stadt, die einen Menschen dazu anstiftet, den anderen zu versetzen. Der
Mensch entscheidet das!
Woran liegt’s also,
dass sich dieses Gerücht über die Eisprinzen in Zürich, die sich nicht festlegen
wollen, die einen verarschen und einen hocken lassen, so hartnäckig hält? Stimmt es am Ende noch?
Zuerst einmal glaube
ich nicht, dass sich das nur auf Männer beschränkt.
Da hört man dann
zwar ein entrüstetes «Seit dem Date habe ich nichts mehr gehört», wenn man aber
nachhakt, stellt sich heraus, dass sich die Damen genauso wenig gemeldet haben
wie ihre Dating-Partner.
Nun mag man sagen:
«Da schreien sie immer nach Emanzipation, haben dann aber den Mumm nicht, auch
mal den ersten Schritt zu machen.» Das verstehe ich zwar im Grundsatz, glaube
aber auch, dass das nicht ausschiesslich Prinzessinnen-Gehabe und
Spielchen-Spielerei ist, sondern dass viele Frauen bei Nicht-Melden des Mannes Desinteresse vermuten und sich abgelehnt fühlen. Dies, weil sie davon ausgehen, dass ein
Mann sich bei Interesse meldet, was meiner Erfahrung gemäss auch oft der Fall
ist – übrigens etwas, was ich sehr schätze, weil ich so weiss, woran ich bin.
Ausserdem ist es in
meinem Umfeld schon passiert, dass ein Mann eine Frau bei zu starker Initiative
als zu dominant empfunden und sich «entmannt» gefühlt hat.
So ist es von Paar
zu Paar unterschiedlich, wie sehr der Akt der Eroberung eine Rolle spielt und auch, von wem er ausgehen soll.
Das kann ja durchaus seinen Reiz haben, wenn man’s aber übertreibt mit
Scharren oder mit Rarmachen, dann löscht’s dem Gegenüber ab.
Aber hat das mit der Stadt zu tun, die ja an allem Schuld sein soll?
Meine
(vereinfachte, verallgemeinernde und überzeichnete) These
bezüglich mühsamem Dating in der Stadt ist folgende: Wer in der Stadt lebt, kann
sich eine durchschnittlich höhere Miete leisten. Das bedeutet, dass in der
Stadt eher Leute leben, die gute Jobs haben, die entsprechend bezahlt sind. Um einen
guten Job zu bekommen, muss man von sich überzeugt sein und wenn man ihn einmal
hat, ist man sich gewohnt, dass einem zugedient wird, dass man die Kontrolle
hat und das man selbst der/die ist, auf den/die andere zukommen. Erfolg macht
selbstbewusst und Selbstbewusstsein macht begehrenswert.
Das alles resultiert
in der Stadt, wo viele solcher Menschen auf einem Fleck leben, darin, dass
jedes Wochenende all die begehrenswerten Eisprinzen und –prinzessinnen in den
Bars der Stadt hocken und darauf warten, dass der/die jeweils andere in ihr
Iglu kommt. Und wenn, dann muss es der/die Perfekte mit dem perfekten Spruch
und dem perfekten Profil sein. Die mit den perfekten Brüsten und der mit dem
perfekten Waschbrett.
Wenn nicht, sind da
noch 100 andere verfügbare, begehrenswerte Prinzessinnen, bzw. Prinzen, auf die man umschwenken
kann: Dass in der Stadt gerne mal einer oder eine abspringt, hängt wohl auch mit dem Überangebot an Alternativen zusammen. Jedoch nur vermeintlich. Denn bei denen geht das Spielchen dann ja wieder von vorne los.
Es gibt den Spruch «Kein Mann/keine Frau läuft dir ins Wohnzimmer». Es
kann aber auch jeder Club und jede Bar zum Wohnzimmer werden, wenn keine/r bereit
ist, vom Sofa aufzustehen. Anstatt das zu tun, bezeichnet man das Gegenüber als
kalt und unzugänglich. Daran liegt’s. Oder eben an der Stadt.
Kann es sein, dass
die Stadt-BewohnerInnen an ihrer eigenen Perfektion zugrunde gehen, weil es
diese eben gar nicht gibt?
Yonni Meyer
Yonni Meyer (33) schreibt als Pony M. über ihre Alltagsbeobachtungen – direkt und scharfzüngig. Tausende Fans lesen mittlerweile jeden ihrer Beiträge. Bei watson schreibt die Reiterin ohne Pony – aber nicht weniger unverblümt.
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