Das Resultat verkommt beim Saisonabschluss im St. Jakob-Park für einmal zur Nebensache. Meister Basel verabschiedet Absteiger Lausanne mit einem 4:2 in die Challenge League. Aber über die sechs Tore wird nach der nächsten Partynacht auf dem Barfüsserplatz wohl keiner mehr sprechen. Für einmal sind es die Geschichten neben dem Platz, die bei den Fans für Gänsehaut, Tränen und betretene Mienen sorgen.
Den Auftakt macht Bernhard Heusler mit einem flammenden Appell an die rot-blaue Anhängerschaft. Der FCB-Präsident musste sich in der Vergangenheit des Öfteren die Kritik anhören, er gehe mit dem kleinen Teil der gewaltbereiten Fans zu verständnisvoll um.
Für die Ausschreitungen in Aarau am vergangenen Donnerstag findet er dieses Mal sehr klare Worte: «Im gleichen Moment, als der Schlusspfiff des Schiedsrichters diesen historischen Moment besiegelte, hat eine kleine Gruppe es für wichtiger befunden, eine noch kleinere Gruppe von Aarauern anzugreifen – statt mit unseren Spielern diesen Meistertitel zu feiern. Wir wollen das nicht. Im Namen von allen, die für den FC Basel arbeiten, im Namen der ersten Mannschaft, angeführt von Marco Streller: Wir wollen das nicht!»
Bin nicht FCB Fan, aber Heuslers Brandrede gegen Gewalt & Populismus ist echt hörenswert - Hörbefehl! http://t.co/Wq3uu0hcZ4
— Nils Güggi (@Nils_Gueggi) 18. Mai 2014
Heusler stellt zudem klar, dass sich der Verein durch solche Vorfälle nicht von seinem Kurs abbringen lassen will: «Wir lassen uns von Gewalttätern und Populisten nicht stoppen auf der Jagd nach dem sechsten Titel.» Seine Aussage wird mit frenetischem Applaus quittiert.
Weniger stürmisch geht es bei der offiziellen Verabschiedung von Murat Yakin zu. Vor seinem 99. und letzten Pflichtspiel als FCB-Trainer danken ihm die Zuschauer mit lang anhaltendem höflichen Applaus und einem Transparent. Doch das war's auch schon. Die Zurückhaltung zeigt, dass das Basler Publikum mit seinem zweifachen Meistertrainer nie ganz warm geworden ist. Auch die Umarmung mit Präsident Heusler wirkt eher steif.
Entlassung eines Meistertrainers: Bei allem Respekt #FCB, das verhöhnt den Wert des Titels eines Schweizer Fussballmeisters #Yakin
— Christoph Fisch (@FischNZZ) 18. Mai 2014
Einen heftigen Kontrast bilden da die Verabschiedungen von Goalie Yann Sommer und Publikumsliebling Valentin Stocker, die nach der WM bei Mönchengladbach beziehungsweise Hertha BSC eine neue Herausforderung in der Bundesliga suchen.
Vor Spielbeginn dürfen sie durch den Spalier aus FCB-Mitarbeitern und Spielern auf den Platz laufen. Die Sprechchöre der Fans treiben den gestandenen Akteuren die Tränen in die Augen.
Das Duo wird ein zweites Mal von den Emotionen übermannt: Sommer, als er nach 63 Minuten ausgewechselt wird und sich mit einem T-Shirt für «elf schöne Jahre in Basel» bedankt, Stocker, als er acht Minuten vor Schluss für den U17-Internationalen Albian Ajeti ins Spiel kommt.
Entsprechend emotional geben sich die beiden Abgänge nach der Pokalübergabe und der ersten Spontanfeier auch im Interview mit SRF. Yann Sommer: «Ich habe elf Jahre beim FCB erleben dürfen mit tollen Momenten und vielen Highlights. Das macht mich stolz und es ist mir heute sehr schwer gefallen, davon Abschied zu nehmen.»
Stocker trägt jetzt Blau/Weiss. Irgendwann kommen sie alle auf den Geschmack :)
— Marc (@slartbart) 18. Mai 2014
Und auch Valentin Stocker geniesst die letzten Minuten auf dem Basler Rasen in vollen Zügen: «Es ist wunderschön, dass Yann und ich nach der Zeit, die wir hier waren, so einen Abschluss erleben dürfen. Dass wir schon vor dem letzten Spiel wieder Meister gewesen sind, das ist wirklich perfekt für uns.»
Captain Marco Streller scheint der Abschied fast noch mehr mitzunehmen: «Es war sehr emotional, einmal mehr. Es sind halt immer mehr Weggefährten, die wegbrechen. Und mit Vali war es besonders speziell. Wir sind so gut befreundet, auch neben dem Platz, es ist schon eine Symbiose.»
Auch bei Luzerns Schlussspurt gegen den FC Thun geht eine Ära zu Ende: Rekordhalter Michel Renggli beendet seine Karriere nach 344 Einsätzen in der Super League und feiert zum Abschluss die Qualifikation für die Europa League. Carlos Bernegger ermöglicht dem 34-jährigen Leader bei den Innerschweizern mit der Auswechslung in der 88. Minute einen emotionalen Abgang.
Renggli zeigt sich danach vor allem erfreut über den sportlichen Abschluss: «Wer uns heute einen 3:0-Sieg vorausgesagt hätte, den hätte man für ein wenig verrückt erklärt. Aber das zeigt doch, dass diese Mannschaft Potential hat und wir das heute noch einmal auf den Platz bringen konnten.» Auch Wüthrich, Puljic und Rangelov werden in der swissporarena verabschiedet.
Bei den Young Boys in Bern geht an diesem Sonntag die Profilaufbahn von Christoph Spycher zu Ende. Der 47-fache Nationalspieler hat sich einen diskreten Abgang gewünscht. Bis auf ein gemeinsames Einlaufen mit seinen beiden Söhnen verzichtete der 36-jährige Mittelfeldhaudegen im Stade de Suisse vor seinem 267. und letzten Super-League-Spiel deshalb auf besondere Aktionen.
Die Dankesrede/Verabschiedung von Wuschu Spycher "Scheiss YB"-skandierend begleiten: "fans" vom @FCSG_1879 ! Bravo... #low
— M. (@choio) 18. Mai 2014
Den verdienten Applaus der nur knapp 16'700 Zuschauer erhält «Wuschu» beim 2:0 gegen St. Gallen deshalb erst nach Spielschluss, als er sich per Mikrofon beim Publikum bedankt: «Das war für mich sicher eines der schwierigsten Spiele mit all den Emotionen. Aber es ist unvergesslich, ich werde es immer in Erinnerung behalten.» Immerhin wird Spycher den Young Boys auch zukünftig als Teambetreuer nahe stehen.
Mir wärded de roman bürki @RBuerki1 sehr vermisse! Danke für die super ziit bi @1886_GC ! #gcz #HoppGC
— mrs_franziii (@_franzi) 18. Mai 2014
Roman Bürki, dessen Transfer zum SC Freiburg in den nächsten Tagen vollzogen werden soll, sitzt beim 1:3 in Sion nur auf der Bank. Der 23-Jährige soll für rund zwei Millionen Euro aus Zürich ins Breisgau wechseln und wird nach Diego Benaglio, Marvin Hitz und Yann Sommer der vierte aktuelle Schweizer Keeper in der Bundesliga.