«Milde Strafe für einen masslosen Mann» kommentiert die «Süddeutsche Zeitung». 150 Millionen lagen in Spitzenzeiten auf dem Konto des Verurteilten, das Ausmass an krimineller Energie, mit der Hoeness den Staat hinterging, hätten sich viele nicht vorstellen können. «Die Richter hielten dem Angeklagten alles zugute, was man ihm zugutehalten kann.» So hätte Hoeness die Haftstrafe vielleicht vermeiden können, wäre er sofort mit der ganzen Wahrheit rausgerückt und hätte tätige Reue gezeigt. Nun verliere nicht nur Hoeness seine beiden Vereinsposten, sondern der FC Bayern eine wichtige Person.
Auch die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» lastet Hoeness an, dass er sich zu lange Zeit gelassen habe, die von der Staatsanwaltschaft geforderten Unterlagen zu liefern. «Das spricht kaum für Reue und volle Transparenz.» Der Kommentator in der FAZ gibt indes zu Bedenken, dass ein «Grundsatzurteil über den Umgang mit unwirksamen Selbstanzeigen überfällig» sei. «Das wird bald der Bundesgerichtshof in der Revision gegen dieses Urteil sprechen.» Und nur wenn dieser die Revision ablehne, müsse Hoeness ins Gefängnis.
An Hoeness sei kein Exempel statuiert worden, urteilt die Zeitung «Die Welt». Die Lehre aus dem Prozess sei, dass seine Berühmtheit dem Verurteilten weder zum Vor- noch zum Nachteil gereichte. «Wäre der Angeklagte mit einer Bewährungsstrafe davongekommen, hätte das den alten Volksverdacht genährt, dass man die Kleinen henkt und die Großen laufen lässt.» Das Publikum habe den Prozess nüchtern und sachlich verfolgt. Des Kommentators ernüchterndes Fazit für Hoeness: «Er hat als Vorbild ausgedient, und das ist – leider – gut so.»
Weder Promi-Malus noch Uli-Bonus sieht auch die Hauptstadt-Zeitung «Berliner Morgenpost» im Urteil aus München: «Ausgerechnet im Freistaat, wo nahezu jede Strippe beim FC Bayern endet, ist nicht in straussscher Amigo-Tradition gerichtet worden, sondern wohltuend schnell, gerade, klar. Vier Tage, kein Gedöns, fertig. Der Nächste bitte.» Vor dem Finanzamt seien eben alle gleich. «Grosser Betrug wird gross bestraft.» Zur Gerechtigkeit gehöre aber auch, Hoeness nicht auf ewig zu teeren und zu federn, zumal auf ihn noch mehr Strafe warte: Seinen Job als Bayern-Präsident sei er los.
Keine Gnade erfährt Hoeness vom Heimblatt, der «Münchner Abendzeitung». Zwar sei das Unvorstellbare tatsächlich eingetroffen: «Doch selbst Hoeness-Fans müssen zugeben: Das Urteil geht in Ordnung.» Richter Rupert Heindl habe mit seinem Verdikt «Klugheit und Augenmass» bewiesen. Denn eine Bewährungsstrafe sei mit jedem Detail, das während des Prozesses ans Licht kam, weniger schlüssig. «Uli Hoeness mag in seinem Leben viel Gutes getan haben, aber eine Straftat in diesem Ausmass gleicht das nicht aus.»
«Hoeness fällt sehr tief», schreibt «Die Zeit». «Vor einem Jahr galt er als eine der wenigen echten moralischen Instanzen des Landes. Der Bundesregierung gab er Ratschläge.» Hoeness falle so tief, weil er überhöht wurde – zusammen mit dem Fussball generell. «Fragen nach Geld sind aber berechtigt in einer Zeit, in der sich auch der Fussball der Forderung nach Transparenz stellen muss.»
Die
«Neue Zürcher Zeitung» legt den Fokus auf den Heuchler Hoeness: «Der ein Doppelleben führte, in Talkshows gegen Abzocker und die Gier der Manager wetterte und selbst ein dreister Steuerhinterzieher war.» Mit einer juristischen Salamitaktik habe er seine Glaubwürdigkeit verspielt. Gleichzeitig nimmt der NZZ-Kommentator das Urteil zum Anlass, um den Finger auf die deutsche Steuerpolitik zu legen. Es zeige, «dass im deutschen Steuerstaat mehr faul ist als nur die Strafsache eines einstigen Vorbilds und Idols, das tief gefallen ist».Mit dem Urteil werde Steuerbetrug endgültig nicht mehr als Kavaliersdelikt bezeichnet, schreibt der «Spiegel» und titelt im Bezug auf Hoeness:« Ein ganz gewöhnlicher Krimineller.» Denn Steuerbetrüger verhielten sich genauso asozial wie andere Kriminelle auch. «Entscheidend beigetragen haben zu diesem gesellschaftlichen Wandel die Ankäufe von Kontodaten und auch der politische Druck auf die Schweiz und deren Banken».
Die Rolle des Nachbarlandes wird auch im Kommentar des «Tages-Anzeigers» erwähnt: «Und schliesslich sass auch die Schweiz virtuell mit auf der Anklagebank.» So hätte ein Investmentbanker der Bank Vontobel seit 2001 dabei geholfen, das «steuerfreie Zockermodell umzusetzen». Hoeness kommt denn auch im «Tagi»-Kommentar am besten weg. Der Bayern-Präsident hätte während des Prozesses zu viel ehrliche Reue und menschliche Schwäche gezeigt, als dass er wie ein Schwerverbrecher zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt werden konnte.