Davos, Lugano, der SC Bern und die ZSC Lions haben im 21. Jahrhundert alle Titel abgeräumt. Und seit 1973 (La Chaux-de- Fonds) hat nie mehr ein welscher Klub irgendetwas gewonnen.
Nun sind Davos, Lugano, der SCB und die ZSC Lions nicht mehr im Cup dabei. Lausanne, Servette, Zug und entweder Kloten oder Langenthal stehen im Halbfinale. In jedem Fall wird ein in diesem Jahrhundert noch «titelloser» Klub im Cup triumphieren.
Vielleicht ist es ja auch das erste Wetterleuchten einer Zeitenwende. In diesen Tagen habe ich erstmals von einem wirklichen Kenner die Befürchtung gehört, Lausanne könnte in drei bis vier Jahren die Meisterschaft gewinnen.
Lausanne Schweizer Meister? Kann das sein? Nun, die nordamerikanischen Besitzer, die zuvor beinahe Kloten ruiniert haben, sind offenbar gewillt, ohne Rücksicht auf Verluste Geld zu investieren. Damit es in drei Jahren in der neuen Arena in Lausanne rockt.
Lausannes tüchtiger Sportchef Jan Alston mischt den Transfermarkt jedenfalls auf – ohne dass er bisher in der alemannischen Schweiz richtig in die Schlagzeilen geraten ist. «Mit Lugano haben wir leben gelernt» sagten kürzlich zwei wichtige Manager von Deutschschweizer Hockeyunternehmen übereinstimmend. Weiter sagten sie:
Verlässliche Gewährsleute erzählen, Klotens Verteidiger Lukas Frick werde nächste Saison in Lausanne über 400 000 Franken verdienen. Und Jan Alston habe Gaëtan Haas über 500 000 Franken offeriert. Biels «Jahrzehnt-Talent» hat für wesentlich weniger Geld beim SCB unterschrieben. Und auch das künftige Gehalt von Torhüter Sandro Zurkirchen (diese Saison noch Ambri) beginnt in Lausanne offenbar mit einer «4».
Womit wir bei einem Thema sind, das zu den Eigenheiten unseres Hockeys gehört: Verträge lange vor der Zeit unterschreiben.
Einst erregte es Aufsehen, als Ryan Gardner, damals noch bei den ZSC Lions, schon im September 2009 bereits für die kommende Saison beim SCB unterschrieb. Heute sind solche Vertragsabschlüsse gang und gäbe. Und bei unserem liberalen Arbeitsrecht sowieso nicht zu verhindern.
Diese Verpflichtungen vor der Zeit haben bis heute keine Karriere geknickt. Zumal erst ein Trainer einen Spieler auf die Tribune setzte, der bereits beim Gegner unterschrieben hatte: Luganos John Slettvoll verbannte Thomas Vrabec während des Playoff-Finals von 1990 gegen den SC Bern aus der Mannschaft. Weil der Bündner schon beim SCB einen Kontrakt signiert hatte. Lugano wurde auch ohne Vrabec Meister.
So viel Mut fehlt heute den Coaches. Ambri müsste Gauthier Descloux (20) einsetzen, die aktuelle Nummer zwei. Um herauszufinden, ob er künftig die Nummer 1 in der NLA sein kann. Auf die Frage, warum er immer noch Sandro Zurkirchen (26) spielen lasse, sagt Trainer Hans Kossmann: «Ich muss Spiele gewinnen.»
Und doch ist nicht ganz auszuschliessen, dass die verfrühte Vertragsunterschrift doch einmal in die Karrieren-Sackgasse führt. Sandro Zurkirchen und sein schlauer Agent Gaëtan Voisard gehen von einer glänzenden Zukunft in Lausanne aus. Als Torhüter Nummer eins.
Oder ist Sandro Zurkirchen nur eine Notlösung? Alston setzt alles daran, Reto Berra (29) für nächste Saison zu bekommen. Dessen Agent, André Rufener, schliesst jegliche Rückkehrabsichten aus und setzt auf eine Karriere-Fortsetzung in Nordamerika. Immerhin bestätigt er: «Ja, Jan Alston hat sich erkundigt.»
Ob Reto Berra einen neuen Vertrag in Nordamerika bekommt oder in die NLA zurückkehrt, entscheidet sich womöglich erst im Juli 2017. So lange kann Lausanne nicht warten. Deshalb ist jetzt erst mal Sandro Zurkirchen verpflichtet worden – so hat man wenigstens den Spatz in der Hand falls die Taube auf dem Dach nicht kommt.
Gelingt es, Reto Berra zu verpflichten, dann wird Sandro Zurkirchen zur Nummer zwei degradiert. Immerhin wäre er dann die teuerste Nummer zwei in der Geschichte unseres Hockeys.