
Sag das doch deinen Freunden!
Doug Shedden ist die kanadische Antwort auf Arno Del Curto. Natürlich nicht in Bezug auf seine Erfolge. Der Kanadier hat in Europa noch nie eine Meisterschaft gewonnen, Arno Del Curto hingegen schon sechs. Aber beide sind charismatische Trainer.
Und nun hat uns Doug Shedden bisher ausgerechnet beim Spengler Cup in der Davoser Hockey-Kathedrale besser unterhalten als Arno Del Curto. Das ist fast so, wie wenn bei einem Rockkonzert Helene Fischer fetziger rocken würde als AC/DC.
Aber es ist, wie es ist. Arno Del Curto wirkt irgendwie nicht ganz so kultig wie andere Jahre. Mag sein, dass er zu viel an den Gewinn der Champions Hockey League denkt. Mag sein, dass wir halt Arno schon seit Jahren kennen und seine Auftritte nicht mehr ganz so zu schätzen wissen wie wir sollten. Mag sein, dass sich Arno noch nicht über irgendetwas so richtig aufgeregt hat und deshalb nicht in Fahrt gekommen ist.
Vielleicht hängt es aber auch ein mit dem Hockey zusammen, das Doug Shedden und Arno Del Curto bisher zelebriert haben.
Lugano bestätigt unsere Prognose, das perfekte Spengler-Cup-Team zu sein. Wenn Doug Shedden seine Jungs aufs Eis schickt, geht es meistens drunter und drüber und fast immer vorwärts. Hollywood-Hockey, Lugano-Hockey eben. Lugano hat bisher 10 Tore erzielt. Der HCD ein einziges und war zweimal (1:5 gegen Jekaterinburg und 0:2 gegen Team Canada) chancenlos.
Und nun ist Doug Shedden gar die Kombination von Unterhaltungs- und Resultathockey gelungen. Eine Kunst, die in Europa eigentlich nur Arno Del Curto beherrscht. Doug Shedden hat Lugano zum ersten Halbfinale seit dem Titel von 2006 geführt. Wahrlich ein historischer Moment.
Natürlich ist Lugano noch kein Siegerteam wie etwa der HC Davos oder die ZSC Lions. Die Halbfinal-Qualifikation hat auch einen Schönheitsfehler. Sie ist nach einer Niederlage (4:6 gegen Jokerit) nur deshalb möglich geworden, weil beim Spengler Cup der Gruppensieger direkt ins Halbfinale vorrückt. Also kein Viertelfinale bestreiten muss – und kein Viertelfinale verlieren kann.
Doug Shedden ist ja eigentlich ein wenig ruhiger geworden als zu seinen wilden Zeiten beim EV Zug (2008 bis 2014). Und das hat einen Grund. «Ich habe im Sommer 2014 nach meiner Entlassung in Zug zu Hause in Florida einen Herzinfarkt erlitten.» Er sei damals in Zug oft kraftlos und müde gewesen und habe Mühe beim Treppensteigen gehabt. So habe er auf die harte Art auf einer Fahrt im Krankenwagen erfahren müssen, was der Grund für die Beschwerden war. Aber auch ein ruhiger Doug Shedden ist noch immer ein charismatischer Doug Shedden.
Der HCD spielte bisher «normales» Hockey. Ja, die Partie gestern Abend gegen Team Canada war im zweiten und dritten Drittel eine der langweiligsten und langsamsten der gesamten «Ära Del Curto», die mit seinem Amtsantritt 1995 begonnen hat und inzwischen die biblische Zeitspanne von 20 Spengler-Cup-Turnieren umfasst.
Gegen das Team Canada fehlten das Tempo, die mitreissende Dynamik. Der HC Davos hat gestern beinahe «Guy-Boucher-Hockey» gespielt – und logischerweise verloren. Denn die Kanadier werden von Guy Boucher (Ex-SCB), dem Grossmeister des langweiligen, defensiven Hockeys gecoacht. «Guy-Boucher-Hockey? Das habe ich überhört», sagt Arno Del Curto.
Er begründet den matten Auftritt seiner Jungs einerseits mit den vielen Absenzen («in der ersten und zweiten Linie fehlt je ein Spieler, in der dritten und vierten Linie fehlen je zwei») und andererseits mit der fehlenden Energie. Oder hat er halt doch schon die Champions League im Kopf? «Das darf ich niemals sagen. Fragen Sie mich nächste Woche wieder».
Nun droht dem HCD heute im Viertelfinale gegen Jokerit Helsinki eine historische Pleite. Im Falle einer Niederlage hätte der HCD erstmals seit 1997 alle Spiele verloren. Erstmals wäre für den HCD der Spengler Cup schon am 29. Dezember zu Ende. Am drittletzten Tag des Turniers. Das hat es in der ganzen Geschichte des Spengler Cups (seit 1923) noch nie gegeben.
Bisher hat sich Arno Del Curto an diesem Turnier noch nicht aufgeregt. «Aber wenn wir das Viertelfinale verlieren, dann rege ich mich vielleicht doch auf.»