Bild: EPA/DPA
Dubiose Zahlungen vor WM-Vergabe: DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zurückgetreten
Wolfgang Niersbach ist als DFB-Präsident zurückgetreten. Er übernehme im Zuge der WM-Affäre die «politische Verantwortung», sagte Niersbach am Montag nach einer Präsidiumssitzung des Deutschen Fussball-Bundes.
«Ich habe für mich erkannt, dass der Zeitpunkt gekommen ist, die politische Verantwortung zu übernehmen», sagte Niersbach am Montag nach einer Präsidiumssitzung des Deutschen Fussball-Bundes.
Niersbachs persönliche Erklärung im Wortlaut:
Umso deprimierender und schmerzhafter ist es für mich, neun Jahre später mit Vorgängen konfrontiert zu werden, in die ich damals nicht einbezogen war und die auch für mich viele Fragen offen lassen. Ich bleibe dabei und möchte noch einmal unmissverständlich klarstellen, dass ich von den Hintergründen der im Raum stehenden Zahlungsflüsse keinerlei Kenntnis hatte. Umso schwerer ist mir die Entscheidung gefallen, die politische Konsequenz daraus zu ziehen.
27 Jahre DFB waren für mich immer viel mehr als ein Beruf. Die Arbeit in den unterschiedlichen Funktionen war für mich eine Herzensangelegenheit. Ich liebe den Fussball und diesen Verband, in dem ich wunderbare Momente erleben und mit grossartigen Menschen zusammenarbeiten durfte. Um diesen DFB und das Amt zu schützen, trete ich schweren Herzens als DFB-Präsident zurück. Gleichwohl werde ich auch danach alles für eine umfassende Aufklärung der Vorgänge beitragen.»
«Betroffen, überrascht und sehr traurig»
Der Rücktritt von Wolfgang Niersbach als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) sorgt in der Sportwelt für grosses Aufsehen. Die Reaktionen im Überblick.
Joachim Löw (Bundestrainer):
Paul Breitner (Weltmeister von 1974 und Scout des FC Bayern)
Uwe Seeler (Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft):
Theo Zwanziger (Niersbachs Vorgänger als DFB-Präsident):
Dietmar Hamann (ehemaliger Fussball-Nationalspieler):
Schwer unter Druck
Das Amt übernehmen Reinhard Rauball und Rainer Koch. Der Boss der deutschen Fussball Liga (DFL), Rauball, sagte über Niersbachs Rücktritt gemäss Bild.de: «Er nimmt Verantwortung zugunsten des Fussballs und des DFB. Dafür gebührt ihm Respekt.»
Der 64-Jährige war schwer unter Druck geraten, nachdem das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» dubiose Geldflüsse aufdeckte, die im Zusammenhang mit der Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland stehen sollen.
Niersbach wird nie mehr in den SPIEGEL schauen können.
— alf frommer (@siegstyle) November 9, 2015Die deutsche Steuerfahndung durchsuchte in den vergangenen Wochen sowohl die DFB-Zentrale in Frankfurt als auch Niersbachs Privatwohnsitz. Gegen den nun zurückgetretenen DFB-Chef, seinen Vorgänger Theo Zwanziger und den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Auslöser der Ermittlungen sind die Recherchen des Spiegel, dass es eine schwarze Kasse in Höhe von 6,7 Millionen Euro gab.
Zuletzt hatten veröffentlichte handschriftliche Notizen auf einem Briefentwurf aus dem Jahr 2004 für erneuten Wirbel in der WM-Affäre gesorgt. Sollten diese tatsächlich von Niersbach stammen, wäre klar, dass er nicht wie behauptet erst diesen Sommer von den Millionentransfers im Zuge der Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft 2006 erfahren hätte.
DFB verzichtet auf Klage gegen den SPIEGEL
Unmittelbar nach dem Rücktritt von Niersbach wurde auch bekannt, das der DFB doch nicht gegen das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» vorgehen will. Der DFB-Skandal wird von externen Ermittlern der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer aufgearbeitet. «Freshfields hat hervorragende Untersuchungsarbeit geleistet. Es sind eine Reihe von Punkten zutage gefördert werden, die zum Teil weiterer Aufklärung bedürfen», sagte Niersbach-Nachfolger Koch. «Die Frage, wie die WM vergeben wurde, wird uns noch weiter beschäftigen. Es geht um die vollständige und lückenlose Aufklärung der WM-Vergabe.»
Man werde die Befragungen über Freshfields «so schnell als nur irgendwie möglich zum Abschluss bringen», um dann einen «transparenten Untersuchungsbericht zur Verfügung zu stellen».
(meg/si/dpa)
