Die Republikaner fürchten die Zukunft ohne Trump
Die Niederlagen am Dienstag kamen für die US-Republikaner nicht unerwartet. Aber das Ausmass war für die Partei vom Präsident Donald Trump ein Schock. Die Demokraten übertrafen fast durchwegs die Erwartungen. Sie siegten nicht nur in «blauen» Städten und Staaten. Auch in Hochburgen der Republikaner gelangen ihnen bemerkenswerte Erfolge.
Dabei schneiden die Demokraten (als Partei) in den Umfragen noch schlechter ab als der unpopuläre Trump. Mit dem Thema Affordability – also Kaufkraft – aber gelang es ihnen, seine grösste Schwachstelle auszuschlachten. Der Präsident selbst begründete die Schlappe der Partei mit der Tatsache, dass sein Name nicht auf dem Wahlzettel stand.
Damit lag er nicht komplett falsch, denn Donald Trump mobilisiert die Massen im rechten Spektrum wie kein Zweiter. Eine Mehrheit der Amerikaner aber erteilte seiner Politik am Dienstag eine deutliche Abfuhr. Das stürzt die Republikaner in ein doppeltes Dilemma: Mit Trump als Aushängeschild haben sie ein Problem – und ohne ihn erst recht.
Filibuster soll weg
Wenn alles mit rechten Dingen zugeht – bei Donald Trump weiss man das nie –, kann er in drei Jahren nicht mehr zur Präsidentschaftswahl antreten. Immer mehr Republikaner in Washington sehen sich gemäss «Politico» mit einer unangenehmen Perspektive konfrontiert: Sie werden noch da sein, wenn Trump weg ist. Und müssen für sich selbst schauen.
In der «Trump-Sekte» werden deshalb erste Risse sichtbar. Das zeigte sich am Morgen nach der Wahl, als der Präsident republikanische Kongresspolitiker im Weissen Haus empfing. Er machte den rekordlangen Regierungs-Shutdown für die Pleiten am Vortag verantwortlich und forderte die Abschaffung des Filibusters im US-Senat, um die Blockade zu knacken.
Keine Gesetze mehr
Ohne diesen Schritt werde man in den verbleibenden dreieinhalb Jahren «keine Gesetze mehr durchbringen», warnte Trump. Um den sogenannten Filibuster zu überwinden, sind im Senat 60 Stimmen notwendig. Die Republikaner haben allein aber nur 53. Sie brauchen somit Unterstützung der Demokraten, oder sie schaffen diesen «Sperrriegel» ab.
Bei Personalgeschäften ist dies bereits geschehen. Deshalb konnten die Republikaner Trumps fragwürdigste Ernennungen (Pete Hegseth, Robert Kennedy, Kash Patel) durch den Senat prügeln. Auch bei budgetrelevanten Vorlagen lässt sich der Filibuster mit der Reconciliation-Regel umgehen, wie zuletzt bei der «Big and Beautiful Bill».
Die Rechnung geht nicht auf
Für «normale» Gesetze aber braucht es 60 Stimmen. Die Republikaner hörten sich Trumps Forderung wie üblich schweigend an. Zurück im Kapitol aber stellten sie gegenüber «Politico» klar, dass sie für die Abschaffung des Filibusters nicht zu haben sind. «Ich werde niemals dafür stimmen», sagte der einflussreiche Senator Thom Tillis aus North Carolina.
Einige Mitglieder könnten dafür sein, sagte Fraktionschef John Thune, «aber ich weiss nicht, wie die Rechnung im Senat aufgehen soll». Zu den wenigen Befürwortern gehört Senator John Cornyn aus Texas. Er will seinen Sitz bei den Wahlen in einem Jahr gegen harte innerparteiliche Konkurrenz verteidigen und ist auf Trumps Gunst angewiesen.
Warnung vor Demokraten-Mehrheit
Den meisten Republikanern aber graut vor einem solchen Schritt. Sie fürchten, dass ihnen die Abschaffung des Filibuster um die Ohren fliegt, wenn die Demokraten wieder in der Mehrheit sein sollten. Für den konservativen «Washington Post»-Kolumnisten Marc Thiessen, einen ehemaligen Redenschreiber von George W. Bush, ist dies ein Horrorszenario.
In diesem Fall würden die Demokraten den Mamdani-Sozialismus umsetzen, die Hauptstadt Washington und Puerto Rico zu vollwertigen Bundesstaaten mit je zwei Sitzen im Senat aufwerten und den Supreme Court um bis zu sechs Sitze aufstocken, warnt Thiessen. Wenn die Republikaner den Filibuster beseitigen, «könnte sich Amerika nie davon erholen».
Forderung nach Kompromissen
Donald Trump dürfte in der eigenen Partei auflaufen. Und mehr noch: Einige Republikaner kritisieren den Präsidenten für seine Weigerung, Kompromisse mit den Demokraten zu schliessen, etwa der Abgeordnete Don Bacon aus Nebraska. Er tritt nächstes Jahr nicht mehr an und hat somit nichts zu verlieren. Dennoch sind solche Stimmen bemerkenswert.
Denn zumindest bei einem Teil von Donald Trumps MAGA-Basis geht die Entwicklung in die andere Richtung. Sie radikalisiert sich immer weiter, und dafür steht vor allem eine kontroverse Figur: der 27-jährige Nick Fuentes, ein weisser Rassist und Judenhasser. Im Vergleich mit ihm war Charlie Kirk ein Softie, und doch gewinnt er zunehmend an Einfluss.
Kontroverse um Interview
In einem Interview mit Tucker Carlson forderte Fuentes eine «pro-weisse» christliche Bewegung und attackierte das «organisierte Judentum». Führende Republikaner waren entsetzt und kritisierten Carlson, doch Kevin Roberts, der Präsident der ultrakonservativen Heritage Foundation, verteidigte den ehemaligen Fox-News-Moderator.
Sein Wort hat Gewicht, denn Roberts ist der Mastermind hinter dem Project 2025. Mehrere Heritage-Mitarbeiter kündigten aus Protest, doch der rechte Politologe Richard Hanania, der selbst in Rassisten-Foren publiziert hat, sagte der «New York Times», der Unterschied zwischen Nick Fuentes und dem republikanischen Mainstream sei «nicht so gross».
Ein Präsident, der zur «lahmen Ente» zu werden droht und in absehbarer Zeit abtreten dürfte, dazu ein vermehrtes Abdriften von Teilen ihrer Basis in rechtsextreme und rassistische Gefilde: Die Republikaner haben nicht nur wegen der Niederlagen am Dienstag einige Gründe, um sich vor einer Zukunft ohne Donald Trump zu fürchten.
