Schweiz
SBB

Die SBB vergeben Milliardenauftrag für neue Doppelstockzüge an Siemens

SBB zum Milliardenauftrag für Siemens: «Vorteilhaftestes Angebot eingereicht»

07.11.2025, 10:5507.11.2025, 14:41

Der Milliardenauftrag für 116 neue Doppelstockzüge für die S-Bahn in Zürich und in der Westschweiz geht an Siemens Mobility. Mit der Entscheidung der SBB für den deutschen Hersteller haben sich Hoffnungen von Stadler Rail, die Produktion dieser Doppelstöcker in der Schweiz zu behalten, zerschlagen. Die Züge sollen Anfang der 2030er Jahre in Betrieb genommen werden.

Insgesamt waren drei Anbieter im Rennen, wie SBB-CEO Vincent Ducrot am Freitag vor den Medien in Bern erklärte. Die ausschlaggebenden Kriterien für die Wahl des Herstellers waren demnach die Investitionskosten, der Betriebsaufwand, die Instandhaltungskosten und die Nachhaltigkeit. Gebaut werden die neuen Züge im deutschen Krefeld ab 2028, ein Jahr später sollen erste Test- und Zulassungsfahrten stattfinden und ab 2031 die ersten Einsätze.

Doppelstockzug von Siemens Mobility
Der neue Doppelstockzug von Siemens Mobility.Bild: SBB

Die neuen Siemens-Doppelstöcker erfüllen laut Ducrot folgende Erwartungen: mit Geschwindigkeit einen dichten Fahrplan zu gewährleisten, schnelles Ein- und Aussteigen zu ermöglichen, mit einem hellen Ambiente ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln, genügend Steckdosen zu bieten und ausreichend Platz für Gepäck und Velos bereitzustellen.

Um den 2,1-Milliarden-Franken-Auftrag hatte auch der Thurgauer Bahnbauer Stadler Rail gebuhlt sowie ein weiterer Hersteller, der auf Anfrage nicht genannt wurde.

Stadler enttäuscht - Unia mit Unverständnis

In einer Reaktion bedauerte Stadler am Freitag, nicht zum Zug gekommen zu sein. Stadler wollte die Doppelstöcker nach eigenen Angaben in der Schweiz bauen, gemeinsam mit über 200 Zuliefer-Betrieben aus dem ganzen Land. Dadurch wären laut Stadler bis zu 80 Prozent der Wertschöpfung in der Schweiz geblieben. Siemens werde die Züge zwar in Deutschland bauen, die SBB deren Wartung aber in der Schweiz besorgen, sagte Ducrot.

Die Gewerkschaft Unia reagierte mit Unverständnis auf den Vergabe-Entscheid der SBB. Es werde ein Milliarden-Auftrag für Rollmaterial an eine Firma vergeben, die keine Produktionsstätten in der Schweizer unterhalte, beklagte Unia in einer Mitteilung vom Freitag.

Die Gewerkschaft fordert die SBB und den Bundesrat auf, «öffentlich darzulegen, worin bei diesem grossen Rollmaterial-Auftrag die Unterschiede bei den zentralen und entscheidenden Bewertungskriterien - Produktqualität, Erfahrung, Umweltfreundlichkeit, Arbeitsbedingungen, Arbeitsplätze in der Schweiz - bestanden haben», wie sie schreibt.

SBB-Doppelstockzug von Siemens Mobility.
So soll es im Innenbereich aussehen.Bild: SBB

Stadler Rail hält sich bedeckt, ob das Unternehmen Rekurs gegen die Vergabe der SBB an Siemens einlegt. Das deutsche Unternehmen hat seit 20 Jahren keine Doppelstockzüge mehr für die SBB gebaut. Deshalb muss Siemens für den Grossauftrag der SBB einen völlig neuen Doppelstockzug entwickeln.

Ersatz nach 40 Jahren

Der Grund für den Grossauftrag nach Deutschland: Die 100 Meter langen Züge der ersten Generation der Zürcher S-Bahn müssen nach 40 Jahren ersetzt werden. 95 der neuen Züge mit einer Länge von 150 Metern und über 500 Sitzplätzen sollen im Raum Zürich in den fahrplanmässigen Einsatz gelangen.

Die neuen doppelstöckigen Triebzüge sollen in erster Linie die Fahrzeuge des Typs «Doppelstockpendelzug DPZ» und des «Hauptverkehrszeit-Doppelstockzuges HVZ-D» ersetzen.

21 weitere Fahrzeuge sind für den Einsatz in der Westschweiz eingeplant - in der RER Vaud und auf der Linie RE33 Martigny VS - Annemasse (F). Die Züge werden sich in Zürich und in der Westschweiz innen und aussen in der Farbgebung unterscheiden.

Die neuen Züge müssen den Anforderungen der Zürcher S-Bahn gerecht werden. So sind zusätzliche Multifunktionszonen notwendig, die im Berufsverkehr Platz für Pendlerinnen und Pendler bieten, die nur kurze Strecken fahren und stehen bleiben möchten.

Vorgesehen sind zudem ein Niederflureinsteig bei allen Türen sowie Steckdosen in der 1. und 2. Klasse. Verstellbare Sitze und klappbare Tische sollen den Komfort in der 1. Klasse erhöhen. Die Züge sollen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde verkehren. (sda)

Das sagt die SBB
Siemens Mobility hat bereits die Doppelstockzüge der zweiten Generation der Zürcher S-Bahn gebaut. Letztere sind seit Mitte der 2000er Jahre im Einsatz. Der Hersteller bringt laut den SBB «umfangreiche Erfahrung in der Produktion und Zulassung von Personenzügen mit». Siemens habe in Europa in jüngster Vergangenheit zahlreiche Aufträge unter anderem in Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark und Grossbritannien erfolgreich abgewickelt, hiess es weiter. Siemens Mobility habe «das gemäss Beschaffungsrecht vorteilhafteste Angebot eingereicht» und bei den Investitionskosten, dem Betriebsaufwand (Energie/Instandhaltung) sowie im Bereich der Nachhaltigkeitskriterien am besten abgeschnitten. Mit dieser Investition stärkten die SBB die Attraktivität des Bahnverkehrs, teilte das Bahnunternehmen weiter mit. Die neuen Züge würden zu einer «modernen, leistungsfähigen und nachhaltigen Mobilität» beitragen.

Mehr zu den SBB-Doppelstockzügen:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
SBB-Nachtzug nach Skandinavien
1 / 5
SBB-Nachtzug nach Skandinavien

Ab Mitte 2026 fahren Nachtzüge von Basel nach Malmö.

Auf Facebook teilenAuf X teilen
SBB und Mobility kooperieren bei E-Autos
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
276 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Victor Paulsen
07.11.2025 09:58registriert April 2019
Ich oute mich vielleicht etwas als Nerd, aber es provoziert mich, dass als Titelbild ein IC2000 gewählt wurde und keine der betroffenen S-Bahnen...
1558
Melden
Zum Kommentar
avatar
equus asinus
07.11.2025 12:49registriert November 2023
@watson: macht doch mal einen Bericht, was es heisst eine Ausschreibung nach BöB/VöB durchzuführen.
Mir scheint da noch ganz viel Aufholbedarf bei der Leserschaft.
Dann kann ein solcher Entscheid der SBB auch nachvollzogen werden.

Wir, die Bevölkerung, können über den politischen Weg Massnahmen ergreifen, dass solche Vergaben nicht mehr ausgeschrieben werden müssen, genau wie man mal demokratisch beschlossen hat, dass ausgeschrieben werden muss.
897
Melden
Zum Kommentar
avatar
Badener
07.11.2025 10:50registriert März 2017
Zuerst die Stellwerk- Digitalisierung und nun die erhoffte Verjüngung der vielbenutzten Flotte.
Ich freue mich das was geht bei der SBB.
725
Melden
Zum Kommentar
276
In diesen Gemeinden wurde am meisten Natur mit Strassen zugepflastert
Was gehört zu einer Gemeinde? Natur, Menschen, Häuser – und Strassen! Ohne kommt keine Ortschaft in der Schweiz aus. Doch wo gibt es besonders viele davon?
Strassen, Geleise, Plätze: Rund ein Drittel der Siedlungsfläche in der Schweiz wird durch die Verkehrsinfrastruktur eingenommen. Insgesamt 85'151 Kilometer Strassen führen 2025 durch das Land – das Eisenbahnnetz mass bei der letzten Erhebung 2020 nur gerade 5317 Kilometer.
Zur Story