Sie ist schüchtern und selbstbewusst zugleich: Maria Guilherme, 19, spricht leise und doch bestimmt, wie sie von ihrer Kindheit in Angola erzählt, von ihrer Reise in die Schweiz, vom Fussfassen in der Fremde, die inzwischen zur Heimat geworden ist, von ihrem ersten Buch – und von ihrem grossen Traum, Ärztin zu werden.
Ihr Vater und ein Bruder leben bereits seit 20 Jahren in der Schweiz. Mit ihrer Mutter kam Maria dann vor drei Jahren nach. Der Umzug fiel ihr «nicht so leicht», sagt sie. Andere Kultur, andere Sitten, andere Sprache.
Maria Guilherme nimmt es als Chance, will lernen, lernt. Sie besucht einen Deutschkurs, macht schnell Fortschritte und spricht heute, nach nur drei Jahren, fast perfekt Deutsch. Sie blickt etwas verlegen zur Seite, wie die Sprache darauf kommt. Lernen falle ihr eben leicht, sagt sie, lächelt, fügt schulterzuckend hinzu: «Wenn jemand eine Sprache neu lernt, müssen die anderen halt etwas Geduld haben.» Sie liest neben dem Deutschunterricht Bücher – weil sie die Welt der Bücher fasziniert und weil sie so schneller in die Sprache hineinfindet.
Sprache fasziniert Maria Guilherme, Geschichten ebenso. Und so beginnt sie im April beides zu kombinieren, schreibt ihr erstes Buch. Die Worte fliessen nur so, 11'000 werden es insgesamt. Im August ist das Buch bereits niedergeschrieben. Wieder lächelt Maria Guilherme, wie sie an die Anfänge zurückdenkt. Sie erzählte Freunden von ihrem Buchprojekt. Einige sagten ihr: Du schaffst das nicht. Sie aber wusste: Ich schaffe das.
Diese Szene ist symptomatisch für die junge Frau. «Wenn man etwas will, kann man es auch erreichen», sagt sie. Oder wie sie es in einem kurzen Text über sich schreibt: «Ich träume nie von Barrieren, denn mit Willenskraft und Glauben im Herzen ist alles möglich.» Für sie gebe es das Unmögliche nicht. «Alles, was schwierig ist, kann mit Geduld und Ausdauer gut werden.» Sie will es dabei aus eigener Kraft erreichen, nicht von anderen abhängig sein oder sie belasten.
Das Thema Aufgeben greift Maria Guilherme auch in ihrem Buch auf. «Es geht um Jugendliche, die aufgeben wollen», erzählt sie. Und es geht darum, den Jugendlichen Mut zu machen, eben dies nicht zu tun, nicht aufzugeben, durchzuhalten, sich manchmal auch durchzubeissen.
Das Buch hat Maria Guilherme auf Portugiesisch, ihrer Muttersprache, geschrieben. Nun sucht sie jemanden, der das Buch auf Deutsch übersetzt. Wieder schaut sie verlegen zur Seite. «Es wäre schön, wenn sich jemand fände», sagt sie dann. Denn es bringe ja nichts, ein Buch zu schreiben und dann in der Schublade zu verstauen.
Einen Übersetzer kann sich die junge Frau nicht leisten und so hofft sie, dass sich jemand findet, der ihr beim Übersetzen hilft. Darüber hinaus einen Verleger zu finden, «wäre natürlich super.» Der Titel für das Buch steht ebenfalls bereits. «Gib niemals auf, beharre einfach», sagt Maria Guilherme. Das sind keine leeren Worte; das ist ganz Maria.
Seit sie in der Schweiz ist, will Maria Guilherme nur eines: lernen. Sie besuchte zwei Jahre die Kantonale Schule für Berufsbildung in Baden. Auch hier sei der Einstieg nicht einfach gewesen, blickt sie zurück. Doch sie gewöhnte sich ein, beisst sich durch, wurde offener und sagt heute, neue Erfahrungen seien der Weg zum Lernen. «Man muss nur den Willen und den Mut haben, Dinge anzugehen.»
Den Mut nicht verloren hat Maria Guiherme auch durch all die Absagen nicht, die sie auf der Suche nach einer Lehrstelle bekam. Schliesslich klappte es im Alters- und Pflegezentrum Bruggbach in Frick, wo sie seit Sommer arbeitet und nach dem Praktikum die Lehre zur Fachfrau Gesundheit absolvieren wird. Es gefalle ihr super, erzählt sie, stockt kurz, fügt dann hinzu: «Ich glaube, die Menschen da sind mit meiner Arbeit zufrieden.» Sind sie.
Mit der Lehre kommt Maria Guilherme ihrem Traum, Ärztin zu werden, einen grossen Schritt näher. «Mir war schon als Mädchen klar, dass ich einmal im Gesundheitsbereich arbeiten werde», sagt sie. Ein anderer Beruf sei für sie nie in Frage gekommen. Weshalb? Maria Guilherme muss nicht lange überlegen. «Weil ich anderen Menschen helfen will», sagt sie. «Weil ich für andere da sein will.» Und dies, eben, am liebsten als Ärztin. Der Weg dahin sei noch weit, ist sie sich bewusst. «Doch ich kann das schaffen.»
Auf das bisher Erreichte ist Maria Guilherme «schon stolz», sagt sie. Das darf sie auch sein. Maria Guilherme, die sich selber als ausdauernd, geduldig, zuverlässig und ehrlich beschreibt, nimmt es, wie es kommt. Wenn etwas nicht so sei, wie es sein sollte, «suche ich nach Lösungen und weiss meist sehr schnell, was ich machen muss», schreibt sie in dem kurzen Text über sich.
Sie wünscht sich, dass sie immer diese entschlossene und ausdauernde Person bleibe, dass Gott sie segne «und das alle meine Träume wahr werden.» Das wünscht sie auch allen anderen.
Ein erster, kleiner Traum ist es, ihr Buch herauszugeben. Einen Übersetzer zu finden, «wäre super». Ein (vorgezogenes) Weihnachtsgeschenk.
(bzbasel.ch)