Die Frage ist natürlich: Wer bezahlt das schon wieder? Also das Netflix-Abo plus Amazon Prime plus YouTube Premium? Wie viel macht das pro Monat? Gegen 40 Franken? Nur fürs Streamen? Und brauch ich das wirklich? Kann ich meine Zeit nicht auch mit Lesen, Wandern oder Kochen sinnvoll verbringen? Oder mit der Aufzucht seltener Hunde oder ganz normaler Kinder?
Kann man natürlich. Kostet aber alles auch. Das meiste gar mehr. Und im vorliegenden Fall wäre der Trick eh: Man löse ein Gratismonatsabo für YouTube Premium, schaue sich den Shit an und wende sich vor der kostenpflichtigen Verlängerung wieder schnöde davon ab.
Der vorliegende Fall heisst «Weird City». Jordan Peele hat die Miniserie für YouTube Premium kreiert. Jordan Peele ist seit seinem smarten Schocker «Get Out», für den er einen Drehbuch-Oscar gewann, der Mann, der alles kann und den alle wollen: In wenigen Tagen kommt sein jetzt schon sagenumwobener neuer Horrorfilm «Us» in die Kinos. Und er produziert neue «Twilight Zone»-Folgen – jene Show über paranormale Phänomene, die vielleicht stattgefunden haben, vielleicht aber auch reine Fiktion sind.
Nun hat Netflix «Black Mirror», Amazon Prime «Electric Dreams» und YouTube Premium jetzt eben «Weird City». Virtuos virtuelle Versuchsanordnungen des Dystopischen, das gar nicht so weit von der Realität unserer Tage entfernt ist.
Im Gegensatz zum Zerstörungs- und Verstörungspotential von «Black Mirror» hat sich Jordan Peele jetzt allerdings für dessen komisches Spiegelbild entschieden: Bei ihm macht die Maschine am Ende nicht den Menschen kaputt.
Schauplatz ist die immer gleiche Metropole, die durch «The line» geteilt wird: «Below the line», also bei den «Armen», sieht es aus wie – sagen wir mal – irgendwo in Berlin, «above the line», bei den «Reichen», herrscht streng designter Futurismus. Die Bewohner der Oberstadt dürfen nur in Drei-Sterne-Restaurants essen und sehnen sich nach dem Junkfood der Unterstadt, die Kinder der Unterstadt wollen ums Verrecken an die Universitäten der Privilegierten.
Boss und Schöpfer aller Privilegien ist ein verrückter Wissenschaftler namens Negari – ihm verdanken wir das erste, von Menschen ausgetragene Emoji-Baby oder das ekelhafteste Smarthouse der Science-Fiction-Geschichte, ein Haus als wahnsinniger, zudem ständig beleidigter Kontrollfreak.
Die Leute sind süchtig nach PEJ, ein Granatapfel-Elektrolyten-Getränk. Und nach Zwischenmenschlichem: In «The One» verquickt ein Dating-Algorithmus irrtümlicherweise einen jungen (Dylan O'Brien) und einen deutlich älteren Mann (Ed O'Neill aus «Modern Family» und «Eine schrecklich nette Familie») und startet eine Liebesgeschichte von ungeahnter und unbeabsichtigter Zärtlichkeit.
Die einzelnen Folgen sind voneinander unabhängig, aber einzelne Motive tauchen immer wieder auf, die grünen Kompostwürmer etwa, die Michael Cera in «A Family» züchtet, machen später in einem Weinberg Sinn, der Klempner aus dem Smarthouse hat im grandiosen Metameta-Finale (eine einzige Liebeserklärung an Tarantinos «Grindhouse») einen doppelten Einsatz als Werbefigur.
Das ist – im Vergleich zu «Black Mirror» – tatsächlich sehr verspielt und lustig, also leichter, und auch so gemeint, die sechs Folgen sind um die 25 Minuten lang, die letzte gar nur 17, in der Kürze liegt die Würze der Pointe. Und so ist «Weird City» ein brillanter und wohltuend optimistischer Pausensnack, bis es irgendwann weitergeht mit der tragischen Ausweglosigkeit im schwarzen Spiegel einer unmöglichen Zukunft.