Die Poltera-Brüder hatten den EHC Arosa in den 1950er Jahren berühmt gemacht. Von 1951 bis 1957 spielten Ueli und Gebi Poltera, Hansmartin Trepp und ihre Teamkollegen die Gegner schwindlig. In der Nationalmannschaft war der «Aroser Sturm» legendär. Die Schweiz holte 1948 Olympia- und 1950 und 1951 WM-Bronze. Im Klub konnte sie niemand stoppen. Sieben Meistertitel in Serie, die Dominanz war erdrückend. Die Sturmlinie eine der besten Europas.
Verletzungen beendeten die Übermacht. 1960 stieg Arosa in die Nationalliga B ab, 1962 gar bis in die Niederungen der 1. Liga. Der Traditionsverein dümpelte in den nächsten Jahren zwischen den beiden Spielklassen hin und her. Niemand rechnete mehr damit, dass die Aroser irgendwann noch einmal an die erfolgreichen Zeiten anknüpfen könnten.
Doch der Zufall wollte es, dass in den 1970er Jahren eine Gruppe Dorfjugendlicher mit überaus viel Talent ausgestattet war und so kehrte der Verein aus dem hockeyverrückten Kurort 1977 zurück in die höchste Spielklasse. Drei Jahre später feierten Guido und Markus Lindemann, Jöri Mattli, Heini Staub, Beni Neininger und Co. überraschend den achten Meistertitel der Klubgeschichte für den Verein mit den blauen Shirts und der lachenden Sonne.
Lukrative Meisterprämien gab es damals noch keine. Ein kleiner Zustupf in die Mannschaftskasse musste genügen. In der nächsten Saison bestätigte Arosa mit Rang 2 den Coup und zur Saison 1981/82 werden die Bündner zusammen mit dem EHC Biel als Favoriten auf den Titel gehandelt.
Während die Seeländer aber nie an ihr Leistungsniveau herankommen, läuft die Meisterschaft für Arosa nach Startschwierigkeiten sehr gut. Während zwei Dritteln der Saison liegt man auf Rang 1. Die Hauptrunde gewinnen die Bündner souverän und auch in der Finalrunde der besten sechs Teams mit den halbierten Punkten der «Regular Season» scheint alles gut zu laufen.
Ein kleines Tief rund um den Jahreswechsel sorgt allerdings dafür, dass die Meisterschaft auch zwei Runden vor Schluss noch nicht entschieden ist. Arosa führt drei Punkte vor dem HC Davos – und ausgerechnet jetzt steht das Kantonsderby im Landwassertal an. Davos hat zuvor vier der fünf Begegnungen mit den Schanfiggern gewonnen.
Die NZZ bleibt aufgrund der Ausgangslage in ihrer Vorschau jedoch gelassen, titelt mit «Kehrausstimmung in fast allen Stadien der Nationalliga» und erklärt:
Das Blatt unterstellt Arosa gar, dass sie sich in der drittletzten Runde nicht mit allen Kräften gegen die Niederlage in Kloten aufstemmen werden, um in Davos Meister werden zu können.
Tatsächlich überfahren der «Blitz» Lindemann und seine Teamkollegen den HCD an diesem 23. Februar, führen vor 7000 Zuschauern nach 20 Minuten 4:1 und lassen sich nach dem 7:2-Erfolg auf dem Eis des Erzrivalen als Meister feiern.
Die letzte Partie zuhause gegen Fribourg wird zum Volksfest. 7260 Zuschauer lassen das Stadion Obersee im 2800-Seelen-Dorf aus allen Nähten platzen. Der frischgebackene Meister siegt mühelos 7:3 und ein Chronist schreibt, er sei ziemlich sicher, dass viele Fans nicht wegen des Spiels, sondern wegen der anschliessenden Freinacht die kurvenreiche Anfahrt auf sich nahmen. Nebenbei sei hier erwähnt: Die zwei Absteiger 1982 sind – der Zürcher SC und der SC Bern.
Die Gründe für den neunten Meistertitel sind schnell gefunden:
Eine einfachere Erklärung lieferte Spieler Markus Lindemann 2008 im Dok-Film «Arosa isch besser»: «Dank dem Teamgeist sind wir Schweizer Meister geworden. Da sind wir alle zusammen mal was trinken gegangen, hatten es lustig. Das ist das A und O. Heute geht da nichts mehr. Was die verdienen in der Nati A. Die dürfen ja nirgends mehr fort. Nichts. Das konnten wir noch.»
Damals scheint es, als könnte Arosa die Liga noch eine Weile dominieren. In den nächsten drei Jahren reicht es allerdings «nur» noch zu den Plätzen 3 und zweimal 2. Es zeichnet sich immer mehr ab: Der Zenit ist überschritten.
Dann beginnt die verhängnisvolle Saison 1985/86. Der Zuschauerschnitt in Arosa sinkt kontinuierlich, die Professionalisierung des Eishockeys macht auch vor dem Bündner Tal nicht halt, die geografische Lage wird immer mehr zum Nachteil und die Ausgaben steigen.
Arosa beendet die Saison auf Rang 8 von zehn Teams. Doch der Schock kommt am 13. März. Präsident Peter Bossert gibt an einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz den freiwilligen Abstieg aus «strukturellen Gründen» in die 1. Liga bekannt. Rund eine halbe Million Verlust kann der Bergklub nicht verkraften. Bossert sagt, ein «Ende mit Schrecken» sei ihm lieber als ein «Schrecken ohne Ende».
Es ist das Ende für einen der traditionsreichsten Schweizer Eishockeyklubs und der «Bund» schreibt schon damals: «Der freiwillige Abstieg des EHC Arosa zeigt aber auch mit aller Deutlichkeit auf, wo die Problematik in unserem Land im Eishockey (auch im Fussball) liegt. Geld regiert die (Sport-) Welt. Kaum ein Verein kann seine Mannschaft in der Nationalliga allein aus den Zuschauereinnahmen finanzieren; sämtliche Klubs sind auf die Unterstützung Aussenstehender angewiesen, welche die fehlenden Summen Ende Saison regelmässig auf den Tisch blättern.»
Es hätte drei Szenarien gegeben:
Die Spieler erfahren vom Rückzug übrigens nicht direkt. Guido Lindemann ist beispielsweise beim Skifahren, als ihm plötzlich jemand den Entscheid vom Radio mitteilt. Andere sitzen am Abend nach dem Training noch am Stammtisch, als sie in den 18-Uhr-Nachrichten von ihrer Zukunft erfahren.
Nach diversen Wechseln zwischen 1. und 2. Liga spielt Arosa ab der Saison 2005/06 langekonstant in der 1. Liga, das Stadion fasst noch 2200 Zuschauer. 2019 gelingt die Rückkehr auf die nationale Eishockey-Landkarte: Arosa steigt in die dritthöchste Spielklasse, die MySports League auf und träumt von der Rückkehr in die Nati B.
7260 Zuschauer faste das Stadion Obersee im 2800-Seelen-Dorf.
Wieso fasst es heute nur noch 2200 Zuschauer ? Da stehe ich gerade ein wenig auf dem Schlauch.
Arosa im A. Da würde jedes Hockey - Herz höher schlagen.
Danach die ganze Nacht Freibier im ganzen Dorf.