International
Syrien

Syrien schickt Truppen wegen türkischer Offensive in den Norden

Ein Soldat der syrischen Armee in der Nähe von Idlib im Nordwesten Syriens. (Archivbild)
Ein Soldat der syrischen Armee in der Nähe von Idlib im Nordwesten Syriens. (Archivbild)Bild: EPA

Kurden bitten Präsident Assad um militärische Hilfe

14.10.2019, 03:4814.10.2019, 12:18
Mehr «International»

Wenige Tage nach Beginn der Kampfhandlungen in Nordsyrien geraten die Kurdenmilizen zunehmend unter Druck. Als Reaktion auf den türkischen Einmarsch schickt die Regierung in Damaskus eigene Truppen in die Region.

Der Schritt folgt auf eine Vereinbarung der Regierung von Präsident Baschar al-Assad mit den Kurdenmilizen, gegen die Ankara am Mittwoch eine Militäroffensive begonnen hatte. Die Abmachung ist ein Hinweis auf die zunehmend verzweifelte Lage der Kurden, die mit dem Abzug der US-Truppen dort ihren wichtigsten Verbündeten verloren haben.

epa05189573 A handout picture made available on 01 March 2016 by the Syrian Arab news agency SANA shows Syrian President Bashar al-Assad speaks during an interview given to ARD German television in Da ...
Der syrische Präsident Baschar al-Assad ging eine Vereinbarung mit den Kurdenmilizen ein.Bild: EPA/SANA

Die syrische Armee werde im Norden der «türkischen Aggression auf syrischem Boden entgegentreten», berichtete die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana, ohne Details zu nennen. Laut einem Bericht des libanesischen TV-Senders Al-Mayadeen sollen die Truppen bereits ab Montagmorgen zur türkischen Grenze entsandt werden. Dort läuft seit vergangenem Mittwoch die türkische Militäroffensive gegen die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die von der Kurdenmiliz YPG angeführt werden.

«Abscheulichste Verbrechen»

Die kurdische Autonomieverwaltung in der Region beschrieb die Vereinbarung mit Damaskus als Ergebnis einer zunehmend ausweglosen Lage. «In den vergangenen fünf Tagen sind die abscheulichsten Verbrechen gegen unbewaffnete Zivilisten begangen worden», hiess es in einer Mitteilung. «Wir mussten mit der syrischen Regierung verhandeln, die die Aufgabe hat, die Landesgrenzen und die syrische Souveränität zu schützen.» Die Regierungstruppen müssten die SDF nun dabei unterstützen, die von der türkischen Armee und von deren verbündeten Milizen eingenommenen Gebiete zu befreien.

epa07907084 Turkey-backed members of Syrian National Army prepare for moving to Turkey for an expected military operation by Turkey into Kurdish areas of northern Syria, in Azas near Turkey border, Sy ...
Kämpfer der syrischen Armee – die Regierungstruppen sollen die syrische Souveränität schützen.Bild: EPA

Die syrische Armee hatte sich im Zuge des seit 2011 laufenden Bürgerkrieges im Land grösstenteils aus dem Nordosten zurückgezogen. Dort hatten vielerorts kurdische Kräfte die Kontrolle übernommen und 2014 eine Selbstverwaltung errichtet. International werden die Autonomiebestrebungen nicht anerkannt, in vielen Orten im Nordosten hat die Assad-Regierung heute faktisch aber keine Macht.

In Absprache mit Russland

Die Vereinbarung erfolgte den Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge gemeinsam mit Russland. Aus Moskau gab es zunächst keine Hinweise darüber, ob Russland die syrischen Truppen im Nordosten unterstützen würde. Angesichts eines drohenden türkischen Einmarsches hatte die syrische Armee auf Bitten der Kurdenmilizen bereits im Dezember 2018 Truppen nach Manbidsch an der Grenze zur Türkei verlegt.

Die Türkei hatte die lang geplante «Operation Friedensquelle» am Mittwoch mit Angriffen auf syrische Orte entlang der gemeinsamen Grenze begonnen. Ankara betrachtet die dortigen Kurdenmilizen als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation.

Die Assad-Regierung beherrscht acht Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs grosse Gebiete im Zentrum sowie im Westen und im Süden des Landes. Im April hatte die Regierung zudem eine Offensive gegen die letzte grosse Rebellenhochburg Idlib im Nordwesten begonnen. (mim/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Türkei startet Offensive gegen Kurden in Syrien
1 / 20
Türkei startet Offensive gegen Kurden in Syrien
Von der Türkei unterstützte syrische Milizionäre auf ihrem Weg nach Tal Abyad, Syrien.
quelle: ap / lefteris pitarakis
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Diese Syrer sollen zurück in ihr zerstörtes Land
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
48 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
lilas
14.10.2019 06:41registriert November 2015
"Operation Friedensquelle", höhnischer und dreckiger kann man wohl kaum benennen, was gerade an Elend und Leid an Menschen begangen wird.
27415
Melden
Zum Kommentar
avatar
Füürtüfäli
14.10.2019 09:58registriert März 2019
Die „türkische Offensive“ ist ein Angriffskrieg, eine Invasion, eine ethnische Säuberung. Aus welchem Grund nennen die Medien dieses Verbrechen nicht beim Namen?

Wie soll man eine Invasion sonst bezeichnen denn als Invasion? Der Eiertanz von uns Westlern ist absurd. Die Türkei gehört von der UNO verurteilt und Syrien gegen diesen Angriff von UNO-Soldaten geschützt.
Ich weiss schon: wird nicht geschehen. Es wird ja mit zweierlei Mass gemessen.
1959
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tobias W.
14.10.2019 09:19registriert Januar 2017
Ich hoffe, dass Assad Unterstützung von den Russen erhält. Erdogan soll seine Quittung erhalten für dieses Verbrechen.

Nur zur Erinnerung: unter der Assad-Regierung lebten die Syrer lange Zeit in Wohlstand und Frieden. Muslime (~80%), Christen (~15%), Alawiten..

Assad ist bestimmt kein Demokrat. Aber unter ihm hat dieses Land erstens gut funktioniert, und zweitens keine Kriege und keinen Terror unterstützt. Abgesehen vom Bündnis mit Putin wäre dies eigentlich eine Traum-Regierung für den Westen gewesen.
11911
Melden
Zum Kommentar
48
Erneut schwere Kämpfe im Norden Gazas – das Nachtupdate ohne Bilder
Im Norden Gazas flammen erneut heftige Kämpfe auf, Israels Armee tut sich schwer, die Region zu kontrollieren. Derweil treiben die USA den Bau eines temporären Hafens in Gaza voran. Hier ist das Nachtupdate.

Israels Streitkräfte haben sich im Norden des Gazastreifens, wo sie die Kampfeinheiten der islamistischen Hamas weitgehend aufgelöst hatten, erneut schwere Kämpfe geliefert. Die Armee habe ihre Einsätze im Norden sowie im zentralen Abschnitt des abgeriegelten Küstenstreifens intensiviert, berichtete die «Times of Israel» am Dienstag. Auch 200 Tage nach Kriegsbeginn wurden erneut Raketen aus Gaza auf Israels Grenzorte abgefeuert. Im Norden des abgeriegelten Küstengebiets droht laut Experten weiterhin eine Hungersnot. «Das Risiko einer Hungersnot im gesamten Gazastreifen ist sehr hoch, insbesondere im Norden», sagte David Satterfield, Sonderbeauftragter von US-Präsident Joe Biden für humanitäre Fragen im Nahen Osten. Der von den USA angekündigte Bau eines temporären Hafens zur Lieferung von Hilfsgütern in das Küstengebiet wird nach Angaben des Pentagons bald beginnen. Derweil billigte der US-Kongress mit Zustimmung des Senats gut 26 Milliarden Dollar an Unterstützung für Israel, unter anderem für die Raketenabwehr. Rund neun Milliarden Dollar sind für humanitäre Hilfe gedacht, darunter für den Gazastreifen.

Zur Story