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Härtere Strafen für Tierschmuggler? Nicht mit der SVP

Härtere Strafen für Tierschmuggler? Nicht mit der SVP 🐢

Schwere Fälle von Handel mit geschützten Tieren und Pflanzen sollen neu als Verbrechen gelten – das finden fast alle gut.
11.02.2020, 06:5211.02.2020, 07:19
Sven Altermatt / ch media
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«Kuscheljustiz», «Kriminelle härter anpacken» oder «höhere Strafen»: Wörter und Wendungen, die zum Stammvokabular von SVP-Politikern gehören. Die Partei steht für eine pointierte Law-and-Order-Politik – etwa wenn sie im Wahlkampf fordert, das Strafgesetzbuch zu verschärfen. Wenn sie die Höchstdauer von Freiheitsstrafen von 20 auf 60 Jahren erhöhen will. Oder wenn sie das «absolut untaugliche Mittel der Geldstrafen» kritisiert.

Verbotene Souvenirs: Der Schweizer Zoll meldet jährlich Hunderte Verstösse.
Verbotene Souvenirs: Der Schweizer Zoll meldet jährlich Hunderte Verstösse.Bild: Keystone

Umso bemerkenswerter ist es, wenn sich die SVP gegen griffige Strafen stellt. Und findet, man müsse «mit mehr gesundem Menschenverstand arbeiten und nicht mit Gesetzen und Verboten».

Was stimmt die Partei so nachsichtig? Dass der illegale Handel mit geschützten Tieren und Pflanzen in der Schweiz härter bestraft werden soll. So will es eine Vorlage, die der Bundesrat im Sommer in die Vernehmlassung geschickt hat. Die Gesetzesänderung geht auf eine Motion des früheren CVP-Nationalrats Guillaume Barazzone zurück.

Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren möglich

Der Handel mit verbotenen Naturprodukten floriert. Um diesen zu bekämpfen, braucht es internationale Anstrengungen. Allein im vergangenen Jahr hat die Eidgenössische Zollverwaltung rund 800 Verstösse gegen den Artenschutz aufgedeckt. Elfenbeinprodukte, Korallen oder Leopardenfelle beschlagnahmten die Zöllner ebenso wie Vogelspinnen, präparierte Reptilien oder teure Lederwaren aus Schlangenhaut.

Bekannt ist die Schweiz als Hotspot für illegale Luxusschals aus Shahtoosh, der Wolle der Tibetantilope, die vom Aussterben bedroht ist. Um einen einzigen Schal herzustellen, müssen bis zu fünf Tiere sterben.

Geht es nach dem Bundesrat, zählen schwere Fälle von illegalem Handel künftig als Verbrechen, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet werden. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die Täter gewerbsmässig handeln oder eine grosse Anzahl von geschützten Exemplaren betroffen ist.

Strenger verfolgt werden sollen auch Personen, die illegal gehandelte Produkte besitzen. Der sogenannte Grundtatbestand gilt nicht mehr bloss als Übertretung, sondern als Vergehen. Vorsätzliches Handeln wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe geahndet. Neu wird zudem eine Informationspflicht beim Verkauf eingeführt. Personen, die Exemplare geschützter Arten anbieten, dürfen nicht mehr anonym bleiben.

Die Schweiz als Transitland für illegalen Handel

In seltener Eintracht stehen Parteien von links bis rechts hinter der Gesetzesrevision. «Der illegale Handel mit geschützten Arten ist noch immer lukrativ und deshalb weltweit gesehen ein Problem», heisst es etwa bei der CVP. Die SP begrüsst die Verschärfung der Sanktionen. Und die FDP verweist in ihrer Vernehmlassungsantwort auf die weltweit schwindende Artenvielfalt. Weil zahlreiche europäische Länder bereits strengere Strafen eingeführt hätten, bestünde hierzulande ohne solche «das Risiko, dass die Schweiz als Transitland für den illegalen Handel attraktiver wird».

Ganz anders sieht das die SVP. Sie betont zwar: «Niemand ist für illegalen Handel, auch die SVP nicht.» Doch härtere Strafen hält sie schlicht für unnötig. Schon heute bestünden genügend gesetzliche Grundlagen und Ressourcen. «Mehr Gesetze rufen nach mehr Kontrollen und haben mehr personellen und finanziellen Aufwand zur Folge», konstatiert die Partei in ihrer Stellungnahme. Die Notwendigkeit sei nicht gegeben.

Insbesondere lehnt die SVP eine Verschärfung der strafrechtlichen Sanktionen ab. Sie ist strikt dagegen, dass Widerhandlungen nicht mehr als Übertretung, sondern als Vergehen geahndet werden sollen. Die Regelung führe zwangsläufig zu mehr kostspieligen Rechtsfällen, warnt sie weiter. «Dieses Misstrauen gegenüber der Schweizer Bevölkerung ist nicht gerechtfertigt.» Denn hart bestraft werden könnten nach Ansicht der SVP auch «ahnungslose Touristen, die unbewusst Souvenirs in die Schweiz einführen».

Werden Touristen zu hart angepackt?

Das zugrunde liegende Gesetz ist die Antwort der Schweiz auf das Abkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten frei lebender Tiere und Pflanzen. Momentan schützt es rund 5000 Tiere und 28'000 Pflanzen. Deren Produkte dürfen nur mit korrekter Dokumentation oder gar nicht gehandelt werden. Dass angesichts dieser Anzahl beim Souvenirkauf mal ein Fehler passieren könne, sei schon fast programmiert, findet die SVP.

Diese Befürchtung ist allerdings zu relativieren: Zum einen ist nur bei etwa tausend Arten der Handel gänzlich verboten. Und zum anderen zielen die vorgesehenen Verschärfungen vor allem auf den gewerbemässigen Handel. Für leichte Fälle hat der Bundesrat vorgesorgt. Wer fahrlässig gegen das Gesetz verstösst, soll weiterhin bloss mit einer Busse bestraft werden, wie das zuständige Bundesamt für Lebensmittel und Veterinärwesen festhält. Die Vernehmlassung des revidierten Gesetzes ist kürzlich zu Ende gegangen, die Behörde wertet die Stellungnahmen derzeit aus. Dass das Parlament der Vorlage zustimmt, dürfte eine Formsache sein – trotz Opposition der SVP.

34'000 Arten unter Schutz
Es schützt weltweit bedrohte Tiere und Pflanzen: Das Artenschutzabkommen, das 1973 verabschiedet worden ist. Über 180 Staaten haben die Konvention unterdessen unterschrieben, sie regelt den globalen Handel mit geschützten Arten. Die offizielle Schweiz übernimmt dafür eine besondere Verantwortung. Sie ist nicht nur Vertragspartei, sondern Depositarstaat des Abkommens. In Genf befindet sich das Sekretariat, das über dessen Umsetzung wacht. Die Weltgemeinschaft verhandelt immer wieder neu über die Frage, welche Standards für welche Tiere und Pflanzen gelten sollen. Allzu oft kollidiert der Artenschutz mit wirtschaftlichen Interessen. Immer wieder versuchen Staaten, den Artenschutz aufzuweichen. Aktuell schützt das Abkommen rund 34 000 Arten. Der Handel mit ihnen ist – je nach Einstufung – generell verboten, teilweise erlaubt oder mit Einschränkungen möglich. (sva)
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74 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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So oder so
11.02.2020 08:24registriert Januar 2020
"Hotspot für illegale Luxusschals aus Shahtoosh, der Wolle der Tibetantilope, die vom Aussterben bedroht ist. Um einen einzigen Schal herzustellen, müssen bis zu fünf Tiere sterben"
Das ist der Grund - das Reiche Klientel der SVP. Für die wird Politik gemacht. Partei des Mittelstandes, der Arbeiter - so ein Quatsch, Wacht auf !
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Back in Time
11.02.2020 08:42registriert November 2019
Ein gutes und sinnvolles Gesetz. Warum ist da die SVP so dagegen? Wie viele SVPler möchten gern Tigefelle o.ä. aus dem Urlaub mit nach Hause bringen?
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RandomNicknameGenerator
11.02.2020 08:51registriert Oktober 2018
Die SVP betreibt keine Law-and-Order-Politik, sie betreibt eine Mein-Feindbild-Muss-Bestraft-Werden-Politik
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