meist klar
DE | FR
International
Brexit

Brexit: Boris Johnsons Fuss sorgt für Furore, Macron bleibt derweil kühl

epa07786190 French President Emmanuel Macron (L) and British Prime Minister Boris Johnson (R) during their meeting at the Elysee Palace in Paris, France, 22 August 2019. Johnson is in Paris after a on ...
Schlechte Manieren im Elysee-Palast: Boris Johnson stellt bei Emmanuel Macron den Fuss auf den Tisch. Bild: EPA

Fuss auf dem Tisch und Klatsche von Macron – So war Boris Johnsons Besuch in Paris

22.08.2019, 17:2823.08.2019, 08:51
Mehr «International»

Nicht unbedingt die feine englische Art: Grossbritanniens Premierminister Boris Johnson hat bei seinem Antrittsbesuch beim französischen Präsidenten seinen Fuss auf einen Beistelltisch gestellt und dafür online böse Kommentare kassiert.

Auf einem Foto ist zu sehen, wie Johnson am Donnerstag im Pariser Elysee-Palast seinen rechten Fuss auf ein rundes Tischchen stützt und sich im Sessel zurücklehnt. Ihm gegenüber sitzt Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron.

In den sozialen Medien war der Ärger über Johnsons flapsigen Auftritt gross. Die britische Tageszeitung «The Guardian» schrieb, der britische Premier habe sich für einen eher «informellen Ansatz» entschieden, als er sich mit Macron zusammensetzte.

Kein neues Brexitabkommen

Auch im Gespräch erreichte Johnson nicht das, was er sich wohl erhofft hatte. Macron hat ihm beim Brexit klare Grenzen aufgezeigt. Die Zeit reiche nicht mehr, um eine neue Scheidungsvereinbarung zwischen der EU und Grossbritannien auszuhandeln, sagte Macron.

«Ich möchte das sehr deutlich sagen: Im kommenden Monat werden wir kein neues Austrittsabkommen finden, das gross vom Original abweicht», sagte Macron am Donnerstag an der Seite seines Staatsgastes im Hof des Elysee-Palasts in Paris. Im Poker um den Brexit gilt der Franzose als Hardliner.

Der britische Premier betonte nach dem Treffen, er wolle eine Einigung für den Austritt seines Landes aus der EU erzielen. «Ich möchte ein Abkommen.»

epaselect epa07785596 French President Emmanuel Macron (R) and British Prime Minister Boris Johnson (L) give a press conference prior to their meeting at the Elysee Palace in Paris, France, 22 August  ...
Bild: EPA

Sein Treffen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel habe ihn «stark ermutigt». Johnson plädierte dafür, den Brexit «vernünftig und pragmatisch sowie im Interesse beider Seiten» zu regeln und damit nicht bis zum 31. Oktober zu warten. «Lassen Sie uns nun damit weitermachen, unsere Freundschaft und Partnerschaft zu vertiefen und zu intensivieren.»

Johnsons Furcht vor dem Backstop

Boris Johnson, der seit einem Monat im Amt ist, will den zwischen seiner Vorgängerin Theresa May und der EU ausgehandelten, vom britischen Parlament aber mehrfach abgelehnten Brexit-Vertrag wieder aufschnüren und die Notfalllösung zur irischen Grenze kippen.

Dieser sogenannte Backstop soll eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zu Grossbritannien gehörenden Nordirland verhindern - und damit auch ein potenzielles Wiederaufflammen des Irland-Konflikts.

Johnson aber fürchtet, dass sein Land durch den Backstop, sollte er denn eintreten, dauerhaft eng mit der EU verbunden bliebe und so keine unabhängige Handelspolitik betreiben könnte.

Die EU hat jedoch wiederholt unterstrichen, dass am Austrittsabkommen nicht gerüttelt wird. Gelingt keine Einigung, droht ein Brexit ohne Abkommen. Experten warnen für so einen Fall vor schweren wirtschaftlichen Verwerfungen beiderseits des Ärmelkanals.

Johnsons Versprechen

Macron betonte, sowohl der Backstop als auch die Integrität des EU-Binnenmarkts seien Elemente, die man beibehalten müsse. Johnson versicherte, die britische Regierung werde «unter keinen Umständen» irgendeine Art von Kontrollen an der Grenze zu Irland einführen.

Er glaube auch nicht, dass die EU dies tun müsse, um ihren Binnenmarkt zu schützen. «Wir denken, dass es andere Wege gibt.» Er sei überzeugt, dass die Zeit dafür ausreiche. Vieles sei schon erledigt worden, um einen sanften Übergang Ende Oktober zu gewährleisten.

Mit Blick auf die Debatte über den Brexit-Vertrag merkte Johnson an, Merkel habe gesagt, dass man binnen 30 Tagen Überlegungen dazu entwickeln könne, was sich schaffen lasse. Diesen Geist bewundere er.

epa07784827 German Chancellor Angela Merkel (L) receives British Prime Minister Boris Johnson (R) with military honors at the Chancellery in Berlin, Germany, 21 August 2019. Prior to the G7 summit in  ...
Bild: EPA

Die deutsche Kanzlerin hatte am Mittwoch gesagt, dass der Backstop nur als «Rückfallposition» gedacht sei, falls man in dem zweijährigen Übergangszeitraum nach dem EU-Austritt zur Regelung des Grenzverkehrs an der irischen Grenze keine Einigung finde. «Man hat gesagt: Die finden wir wahrscheinlich in den nächsten zwei Jahren. Aber man kann sie vielleicht auch in den nächsten 30 Tagen finden. Warum nicht?»

Am Donnerstag präzisierte sie bei einem Besuch in Den Haag, dass sie keine 30-Tages-Frist gesetzt habe. Dieser Zeitraum sei nur sinnbildlich gemeint gewesen und habe deutlich machen sollen, dass auch in einem kurzen Zeitraum eine Lösung angestrebt werden könne, sagte Merkel.

An den Finanzmärkten kam am Donnerstag Hoffnung auf, dass nun doch Bewegung in den festgefahrenen Brexit-Streit kommt. Das britische Pfund stieg im Wert. (sda/dpa/reu/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Diese 20 Cartoons fassen das Brexit-Chaos perfekt zusammen
1 / 22
Diese 20 Cartoons fassen das Brexit-Chaos perfekt zusammen
Auf Facebook teilenAuf X teilen
EU-Ratspräsident Tusk beweist Galgenhumor
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
50 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
fools garden
22.08.2019 22:25registriert April 2019
Man kann von Macron halten was man will, ein Arschkriecher ist er wirklich nicht, egal ob er nun Putin, Trump oder eben Johnson gegenüber hat.
36429
Melden
Zum Kommentar
avatar
FITO
24.08.2019 14:35registriert April 2019
Dabei wollte doch BJ mit dem petite Napoléon nur ein bisschen 50 shades of Brexit spielen.
Animiertes GIFGIF abspielen
3330
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gurgelhals
22.08.2019 23:41registriert Mai 2015
Einfach nochmals kurz: Irland-Backstop für Anfänger:

Aus offensichtlichen Gründen darf es keine harte Grenze in Nordirland geben.

Das geht aber nur, wenn dort die ganzen EU-Regulierungen betr. Handel, Güter, etc. weiterhin gelten.

Eine solche Sonderstellung gegenüber dem Rest des UKs ist für Unionisten absolut inakzeptabel.

Daher hat man sich im Austrittsabkommen so verständigt, dass die EU-Regulierungen halt so lange für den ganzen UK gelten, bis eine dauerhafte Lösung gefunden wurde.

Und das treibt wiederum die Brexit-Ultras auf die Palme.

Und warum soll da nun die EU das Problem sein?
2128
Melden
Zum Kommentar
50
Beobachter beklagen beispiellose Verstösse bei Russland-Wahl

Wahlbeobachter der unabhängigen russischen Organisation Golos haben bei der Präsidentenwahl nie dagewesene Verstösse beklagt. Es habe sich um eine «Imitation» gehandelt, aber nicht um eine Abstimmung, bei der Wähler ihre Rechte gewahrt sahen, teilte die in Russland verfolgte Organisation am Montag mit.

Zur Story