Das Spiel gegen den FC Basel im Viertelfinal des Schweizer Cups dürfte Leandra Flury nicht nur in sportlicher Hinsicht in schlechter Erinnerung bleiben. Bis zur 90. Minute durften die Zürcherinnen beim Stand von 1:1 noch auf ein Weiterkommen hoffen, ehe Milena Nikolic in der Verlängerung den Siegtreffer für Basel erzielte. Noch mehr als die Niederlage beschäftigte die GC-Verteidigerin Flury nach der Partie das Verhalten zweier Personen aus den Zuschauerrängen. Via Instagram-Story berichtete die 24-Jährige über den Vorfall:
Was Leandra Flury im Cup-Spiel gegen den FC Basel erleben musste, ist im Frauenfussball keine Seltenheit. Viele aktive oder ehemalige Fussballerinnen können ähnliche Geschichten erzählen wie die GC-Verteidigerin. Dabei geht es nicht nur um das, was Ulrike Häfner, ehemalige Fussballerin und aktuelle Vize-Präsidentin beim Klub Turbine Potsdam, «strukturellen Sexismus» nennt – also die Benachteiligung aufgrund der schlechteren Rahmenbedingungen im Frauenfussball. Es geht auch um verbale Entgleisungen von Zuschauern, Funktionären und Social-Media-Nutzern.
Gegenüber dem Sender ARD berichteten die deutschen Fussballerinnen Tabea Kemme, Saskia Matheis und Franziska Bielfeld während der Fussball-EM 2022 in England über ihre Erfahrungen mit herablassenden Bemerkungen. Die Bandbreite der Kommentare reicht dabei von objektifizierend («Die ist auch richtig heiss, ne? Die würde ich auch mal wegbügeln wollen.»), über belächelnd (Frauenfussball ist wie Pferderennen. Nur auf Eseln.») bis hin zu sexistisch («Die mit den kurzen Haaren sollte bei uns spielen. Ist das überhaupt eine Frau oder nicht?»).
Auch Schweizer Fussballerinnen werden von Kommentaren unter der Gürtellinie nicht verschont. So bezeichnen englische Medien die Schweizer Stürmerin Alisha Lehmann, die beim Premier-League-Verein Aston Villa unter Vertrag steht, in ihrer Berichterstattung gerne als «die heisseste Fussballerin der Welt». Lia Wälti, Captain der Schweizer Nationalmannschaft und Mittelfeldspielerin bei Arsenal, meinte gegenüber «20 Minuten»: «Einem Granit Xhaka folgen wohl die meisten Menschen, weil sie ihn als Fussballer gut finden. Frauen wird wohl auch gefolgt, weil man sie hübsch findet.»
Ein Ereignis, dass diesbezüglich auch in Erinnerung bleibt, war der Vorfall rund um die Pokalübergabe an der Fussball-WM der Frauen in Australien und Neuseeland. Der spanische Verbandspräsident Luis Rubiales küsste die Spielerin Jennifer Hermoso gegen ihren Willen auf den Mund. Die Aufarbeitung des Vorfalls, der die spanische Gesellschaft und Justiz über Monate beschäftigte und in der Entlassung des Verbandspräsidenten gipfelte, scheint aber auch zu zeigen, dass sich die Fussballerinnen ein solches Verhalten nicht mehr einfach gefallen lassen. Oder etwa nicht?
Weniger optimistisch zeigt sich die oben erwähnte Tabea Kemme. Als sie sich mit ihren Mitspielerinnen an einer Mitgliederversammlung über anstössige Kommentare beschwerte, wurde dies von vielen Anwesenden lediglich mit einem Lachen quittiert: «Leider war den Verursachern wohl nicht bewusst, was sie mit ihren Äusserungen bewirkt haben», meinte Kemme, und fügt an, dass sich in dieser Hinsicht noch viel verändern muss: «Ich glaube, dass es ein Trugschluss ist, dass man weiter ist». Dass Kemme damit nicht Unrecht zu haben scheint, zeigt auch ein Kommentar von Karl-Heinz Rummenigge, Aufsichtsratsmitglied beim FC Bayern, der zum Verhalten von Rubiales meinte: «Was er da gemacht hat, ist – sorry, mit Verlaub – absolut okay».
«Solche Leute wollen wir weder im Frauenfussball noch sonst wo in der Gesellschaft» resümierte Leandra Flury im Zusammenhang mit den sexistischen Kommentaren, die sie über sich ergehen lassen musste. (kat)
Dabei vergessen/ignorieren wohl viele, was dies bei den Spieler/innen auslösen kann. Wie man konkret dagegen vorgehen kann/will, dürfte schwierig sein. Einzelfälle rauspicken geht zwar, doch wie kann die Aussage bewiesen werden?
Komischerweise waren und sind solche Kommentare gegenüber männlichen Fussballern voll akzeptiert. Doppelmoral much?
Vollkommen sinnlos. Ich kaufe ja auch nicht bei Starbucks ein, wenn mir deren Produkte nicht schmecken. Und da wird noch nicht mal jemand dabei beleidigt.