Die Infektionszahlen hätten sich bis Ende Dezember auf etwa 500 Fälle pro Tag reduzieren sollen, stattdessen steigen sie wieder an. Gestern waren es 5136 Neuinfektionen. «Letztmals hatten wir Mitte November so viele Fälle», sagte Bundesrat Alain Berset gestern vor den Medien. Und damals zeigte der Trend nach unten, der Reproduktionswert sank bis auf 0,75.
Nun steht er für die ganze Schweiz bei 1,07. Liegt der Wert über 1, spricht man von exponentiellem Wachstum, die Epidemie ist wieder in vollem Gange. Berset deutete eine dritte Welle an, die am Start ist, aber von einem viel höheren Niveau ausgeht als bei den ersten beiden Wellen.
Der Reproduktionsfaktor wird zehn Tage zurück berechnet, weil erst dann alle dafür nötigen Daten zur Verfügung stehen. Er zeigt somit einen Trend an, der in einzelnen Kantonen deutlich in die falsche Richtung geht. An der Spitze liegt Glarus mit einem R-Wert von 1,37. Zehn Glarner stecken somit im Durchschnitt 14 weitere Personen an.
Unter dem epidemiologischen Gesichtspunkt ist somit klar, dass der Bundesrat versucht, die Kontakte zwischen den Mitmenschen auf ein Minimum zu reduzieren. Denn wir stecken in der schwierigsten Phase. Die grösste Ansteckungsgefahr besteht in geschlossenen Innenräumen, wo wir uns in den nächsten Wintermonaten vornehmlich aufhalten werden, und bis sich die wahrscheinlich im Januar beginnenden Impfaktionen auswirken, werden einige Monate vergehen.
Um das Risiko zu verringern, müssen die Gastrobetriebe, zumindest in jenen Kantonen, deren R-Wert über 1 liegt, bereits um 19 Uhr schliessen. Gastronomiebetriebe seien keine Hotspots, wird reklamiert. Tatsächlich ist die Zahl der Studien zu den Risiken in Gastronomiebetrieben klein. So lässt sich auch nicht genau beziffern, wie viel diese Sperrung der Abendstunden bringt.
Für den Bundesrat steht aber im Vordergrund, für die Eindämmung der Pandemie Kontakte erst gar nicht zu ermöglichen. Zudem sind zwar die allermeisten Gastwirte sehr bemüht, die Schutzkonzepte einzuhalten. Nicht alle Gäste sind aber sehr diszipliniert, wie man selbst feststellen kann.
So geht es darum, Massenansammlungen zu vermeiden, nicht nur im Restaurant, auch an Sonntagsverkäufen, in der Kirche und rund um die Festtage auch im Privaten. Aus kulturellen und sozialen Gründen wird am 24. und 31. Dezember eine Ausnahme gemacht und die Sperrstunde aufgehoben.
Für das Wohlbefinden der Gesellschaft wird das epidemiologische Gebot der Stunde kurz verlassen, der Kirchenbesuch an Weihnachten ist für viele Menschen wichtig.
Generell sind sehr besinnliche Festtage angesagt, nicht mehr als zwei Haushalte dürfen sich treffen. Vielleicht mit gutem Grund, wenn man sich die Entwicklung in den USA nach dem Feiertag Thanksgiving am 26. November ansieht. Trotz der Empfehlung der US-Gesundheitsbehörden, auf Familientreffen und Reisen zu verzichten, haben sich viele Amerikanerinnen und Amerikaner nicht daran gehalten.
Wie immer ist es auch in diesem Fall schwierig, die genauen Ansteckungsherde zurückzuverfolgen. Sicher ist aber, dass die Infektionszahlen seit Thanksgiving alarmierend hoch sind. 218'000 Neuinfektionen wurden am Mittwoch gemeldet, sowie ein Höchststand an Covid-19-Patienten in den Spitälern und 3'000 Tote.
Zu Vorsicht über Weihnachten ist also auch in der Schweiz zu raten, denn pro Million Einwohner gerechnet sind die Infektionszahlen in der Schweiz nicht viel tiefer als in Amerika.
Unser Niveau ist jetzt schon fast so hoch, wie das in den USA. Da besteht eher die Gefahr, dass wir sie noch überholen.
Von Hotspots zu Vorzeigekantonen, weshalb sie jetzt von Ausnahmen profitieren.
Bleibt zu hoffen, dass sie deswegen nicht wieder zu Hotspots werden
Bonne Chance