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Analyse

Trump gegen Obama: Wer hat den Längeren?

Der 44. und der 45. Präsident der USA streiten sich darüber, wer mehr für die Wirtschaft getan hat.
Der 44. und der 45. Präsident der USA streiten sich darüber, wer mehr für die Wirtschaft getan hat.bild: shutterstock / montage watson
Analyse

Trump gegen Obama: Wer hat den Längeren?

Der Präsident und sein Vorgänger streiten sich darüber, wer die Wirtschaft kräftiger angekurbelt hat.
10.09.2018, 14:2411.09.2018, 06:20
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Nach dem überraschenden Wahlsieg von Donald Trump wurde Barack Obama gefragt, ob er gedenke, die Arbeit seines Vorgängers zu kritisieren. Eigentlich nicht, entgegnete der abtretende Präsident. Aber sollte Trump die grundlegenden Werte und Ideale der amerikanischen Demokratie angreifen, «dann werde ich mir es überlegen.»

Former President Barack Obama poses for photos during a campaign stop with Illinois Democratic gubernatorial candidate J.B. Pritzker at Caffe Paradiso Friday, Sept. 7, 2018, after speaking on the Univ ...
Wieder im Wahlkampf-Modus: Barack Obama.Bild: AP/The News-Gazette

Das ist mittlerweile eingetreten. Seit vergangener Woche hat sich Obama aktiv in den Wahlkampf für die Zwischenwahlen eingeschaltet. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund. Er greift Trump frontal an und hat mehrere weitere Auftritte angekündigt.

Ein wichtiger Teil des Duells Trump gegen Obama ist die Frage: Wer hat eigentlich die US-Wirtschaft nach der verheerenden Finanzkrise wieder auf die Beine gebracht? In seiner Rede an der University of Illinois hat Obama erklärt: «Wenn ihr nun ständig von einem Wirtschaftswunder hört, von den wunderbaren neuen Jobs, dann möchte ich die Republikaner freundlich daran erinnern: Es sind die gleichen Zahlen wie 2015 und 2016.»

«Ich muss zugeben, die Wirtschaft war am Ende von Obamas Amtszeit in bester Verfassung.»
Gregory Mankiw

Obama hat die Grand Old Party damit dort getroffen, wo es speziell weh tut: Die boomenden Wirtschaft ist ihr wichtigster Trumpf für die kommenden Zwischenwahlen. Die Republikaner nehmen für sich in Anspruch, dass dies die Folge ihrer Wirtschaftspolitik im allgemeinen und den Steuerkürzungen im Speziellen sei.

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Trump hat denn auch Obamas Fehdehandschuh aufgegriffen und postwendend zurückgeschlagen. Er retweetete eine Fan-Botschaft: «Barack Obama beansprucht Trumps Erfolg für sich. Das ist eine Schande.» Und an einem Wahlkampfveranstaltung in Montana behauptete Trump keck: «Unter Obama wäre das Wirtschaftswachstum jetzt im negativen Bereich.»

Wer aber hat in diesem absurden Streit die Fakten auf seiner Seite. Die «New York Times» hat nachgerechnet: In den ersten 19 Monaten von Trumps Amtszeit sind 3,58 Millionen neue Jobs entstanden. In Obamas ersten 19 Monaten waren es jedoch 3,96 Millionen. Letztes Jahr ist die amerikanische Wirtschaft flott gewachsen, im zweiten Quartal dieses Jahres gar um 4,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Aber: Das letzte Mal wurde dieser Wert 2014 erreicht – als Obama im Weissen Haus sass.

Es steht damit unentschieden, das bestätigen selbst konservative Ökonomen. Gregory Mankiw, Wirtschaftsberater von George W. Bush, erklärt: «Ich muss zugegeben, die Wirtschaft war am Ende von Obamas Amtszeit in bester Verfassung.»

President Donald Trump speaks during a fundraiser in Sioux Falls, S.D., Friday, Sept. 7, 2018. Trump is speaking at the Noem-Rhoden Victory Committee, a joint fundraising committee authorized by and c ...
Eilt von einer Wahlkampfveranstaltung zur nächsten: Donald Trump.Bild: AP/AP

Der Wirtschaftsstreit der beiden Kampfhähne geht eh am Wesentlichen vorbei: Präsidenten haben einen viel kleinen Einfluss auf die Wirtschaft als sie glauben. Das BIP-Wachstum wird weniger von der Politik beeinflusst als von Zyklen und der Notenbank.

Der Einfluss der Präsidenten auf die Wirtschaft ist mässig

Obamas Aufschwung war streng genommen das Werk von Ben Bernanke, dem damaligen Präsidenten der US-Notenbank. Er hat mit seinem energischen Eingreifen einen Absturz der Wirtschaft verhindert. Fairerweise muss man anfügen, dass Obama die Hände gebunden waren. Der Kongress genehmigte ihm bloss ein Ankurbelungsprogramm, das zu mickrig war.

Trumps Aufschwung ist derweil pures Glück. Als er ins Weisse Haus einzog, befand sich die Wirtschaft an einem Punkt, an dem sie nur wachsen konnte. Mit seiner Steuersenkung hat der 45. Präsident Öl ins Feuer gegossen und den Aufschwung beschleunigt. Die meisten Ökonomen halten dies aus zwei Gründen für gefährlich: Erstens droht die Wirtschaft zu überhitzen, und zweitens wird der ohnehin schon gewaltige amerikanische Schuldenberg noch grösser.

Faktisch falsch ist hingegen Trumps Prahlerei, die US-Wirtschaft erlebe den grössten Boom aller Zeiten. Unter Ulysses Grant, Dwight Eisenhower, Lyndon Johnson und Bill Clinton ist sie kräftiger gewachsen.

Obama teilt gegen Trump und die Republikaner aus

Video: srf
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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Domimar
10.09.2018 14:32registriert August 2016
Ich plädiere für ein News-Embargo während der Wahlzeit in den USA. Es wird ohnehin nichts schlaues rüber kommen und das was kommt, erhitzt unsere Gemüter nur unnötig.
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Insalta_mista-
10.09.2018 15:21registriert März 2014
Der einzige Kampfhahn hier ist Trump. Obama, so scheint mir, korrigiert bloss die Lügen des "Präsidenten". Wer die Rede geschaut hat, hat hoffentlich bemerkt wer von den beiden das grössere Mass an Intelligenz, Klasse und Stil hat.
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Snowy
10.09.2018 15:24registriert April 2016
Tiefere Steuersätze als wirtschaftliches Wundermittel scheint sich langfristig nicht auszuzahlen...
Trump gegen Obama: Wer hat den Längeren?
Tiefere Steuersätze als wirtschaftliches Wundermittel scheint sich langfristig nicht auszuzahlen...
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