Nach dem überraschenden Wahlsieg von Donald Trump wurde Barack Obama gefragt, ob er gedenke, die Arbeit seines Vorgängers zu kritisieren. Eigentlich nicht, entgegnete der abtretende Präsident. Aber sollte Trump die grundlegenden Werte und Ideale der amerikanischen Demokratie angreifen, «dann werde ich mir es überlegen.»
Das ist mittlerweile eingetreten. Seit vergangener Woche hat sich Obama aktiv in den Wahlkampf für die Zwischenwahlen eingeschaltet. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund. Er greift Trump frontal an und hat mehrere weitere Auftritte angekündigt.
Ein wichtiger Teil des Duells Trump gegen Obama ist die Frage: Wer hat eigentlich die US-Wirtschaft nach der verheerenden Finanzkrise wieder auf die Beine gebracht? In seiner Rede an der University of Illinois hat Obama erklärt: «Wenn ihr nun ständig von einem Wirtschaftswunder hört, von den wunderbaren neuen Jobs, dann möchte ich die Republikaner freundlich daran erinnern: Es sind die gleichen Zahlen wie 2015 und 2016.»
Obama hat die Grand Old Party damit dort getroffen, wo es speziell weh tut: Die boomenden Wirtschaft ist ihr wichtigster Trumpf für die kommenden Zwischenwahlen. Die Republikaner nehmen für sich in Anspruch, dass dies die Folge ihrer Wirtschaftspolitik im allgemeinen und den Steuerkürzungen im Speziellen sei.
Trump hat denn auch Obamas Fehdehandschuh aufgegriffen und postwendend zurückgeschlagen. Er retweetete eine Fan-Botschaft: «Barack Obama beansprucht Trumps Erfolg für sich. Das ist eine Schande.» Und an einem Wahlkampfveranstaltung in Montana behauptete Trump keck: «Unter Obama wäre das Wirtschaftswachstum jetzt im negativen Bereich.»
Wer aber hat in diesem absurden Streit die Fakten auf seiner Seite. Die «New York Times» hat nachgerechnet: In den ersten 19 Monaten von Trumps Amtszeit sind 3,58 Millionen neue Jobs entstanden. In Obamas ersten 19 Monaten waren es jedoch 3,96 Millionen. Letztes Jahr ist die amerikanische Wirtschaft flott gewachsen, im zweiten Quartal dieses Jahres gar um 4,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Aber: Das letzte Mal wurde dieser Wert 2014 erreicht – als Obama im Weissen Haus sass.
Es steht damit unentschieden, das bestätigen selbst konservative Ökonomen. Gregory Mankiw, Wirtschaftsberater von George W. Bush, erklärt: «Ich muss zugegeben, die Wirtschaft war am Ende von Obamas Amtszeit in bester Verfassung.»
Der Wirtschaftsstreit der beiden Kampfhähne geht eh am Wesentlichen vorbei: Präsidenten haben einen viel kleinen Einfluss auf die Wirtschaft als sie glauben. Das BIP-Wachstum wird weniger von der Politik beeinflusst als von Zyklen und der Notenbank.
Obamas Aufschwung war streng genommen das Werk von Ben Bernanke, dem damaligen Präsidenten der US-Notenbank. Er hat mit seinem energischen Eingreifen einen Absturz der Wirtschaft verhindert. Fairerweise muss man anfügen, dass Obama die Hände gebunden waren. Der Kongress genehmigte ihm bloss ein Ankurbelungsprogramm, das zu mickrig war.
Trumps Aufschwung ist derweil pures Glück. Als er ins Weisse Haus einzog, befand sich die Wirtschaft an einem Punkt, an dem sie nur wachsen konnte. Mit seiner Steuersenkung hat der 45. Präsident Öl ins Feuer gegossen und den Aufschwung beschleunigt. Die meisten Ökonomen halten dies aus zwei Gründen für gefährlich: Erstens droht die Wirtschaft zu überhitzen, und zweitens wird der ohnehin schon gewaltige amerikanische Schuldenberg noch grösser.
Faktisch falsch ist hingegen Trumps Prahlerei, die US-Wirtschaft erlebe den grössten Boom aller Zeiten. Unter Ulysses Grant, Dwight Eisenhower, Lyndon Johnson und Bill Clinton ist sie kräftiger gewachsen.