Mehr Dialogbereitschaft, Bescheidenheit und Gemeinschaft: Papst Franziskus hat an seinem zweiten Weihnachtsfest in der Corona-Pandemie zahlreiche Forderungen an die Welt gerichtet. Am Sonntag äusserte er sich besorgt über die zurückgehenden Geburten und sprach von einem «demografischen Winter» und einer «Tragödie». «Viele Paare ziehen es vor, kein oder nur ein Kind zu haben», sagte er. Die Weihnachtsfeierlichkeiten begannen am Freitag mit der traditionellen Christmette im Petersdom. Rund 2000 Gläubige und Kirchenvertreter feierten mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche. Für die sonst von Tausenden mitzelebrierte Messe zur Geburt Jesu Christi galt eine Maskenpflicht, die Anwesenden sassen mit Abstand zueinander.
In seiner Predigt forderte der 85-Jährige Demut. «Weinen wir nicht der Grösse nach, die wir nicht haben. Hören wir auf, zu jammern und lange Gesichter zu machen, und lassen wir ab von der Gier, die uns immer unbefriedigt lässt», sagte der Argentinier. Er hob besonders die arme arbeitende Bevölkerung hervor. «An dem Tag, an dem wir das Kommen des Lebens feiern, wollen wir erneut sagen: keine weiteren Todesfälle bei der Arbeit. Setzen wir uns dafür ein», forderte Franziskus.
Zum ersten Weihnachtsfeiertag spendete er wie üblich den Segen «Urbi et Orbi» (Der Stadt und dem Erdkreis). In seiner Weihnachtsbotschaft forderte er, weltweite Konflikte nicht zu ignorieren und Gewalt mit Dialog zu lösen. Er bezog sich auf Krisenschauplätze wie in Syrien oder Afghanistan aber auch auf das Thema Migration. Wegen der Spannungen in der Ukraine sagte er am Samstag von der Loggia des Petersdoms zu Tausenden Gläubigen auf dem verregneten Petersplatz in Rom, dass sich «die Metastasen eines schwelenden Konflikts» nicht ausbreiten dürften.
Franziskus ging auch auf die negativen Folgen der Corona-Pandemie auf soziale Beziehungen ein. «Es gibt eine wachsende Tendenz dazu, sich zu verschliessen», sagte das Kirchenoberhaupt. Er betete für Frauen, die während der Corona-Pandemie Opfer von Gewalt wurden, aber auch für missbrauchte Kinder und Ältere, die in Einsamkeit leben.
In Bethlehem im Westjordanland traf am Freitagnachmittag bei kaltem Wetter die Weihnachtsprozession ein. Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Pierbattista Pizzaballa, wurde von zahlreichen einheimischen Besuchern und religiösen Würdenträgern auf dem Krippenplatz vor der Grabeskirche begrüsst. Der in ein pinkfarbenes Gewand gekleidete Patriarch war mittags in Jerusalem mit einem Wagenkonvoi aufgebrochen.
Zum zweiten Mal in Folge standen die Feiern unter Corona-Bedingungen. Um die Ausbreitung der Omikron-Variante einzudämmen, hatte Israel zu Monatsbeginn wieder die Grenzen für Ausländer geschlossen. «Die Weihnachtsfeier ist in diesem Jahr erfreulicher als im Vorjahr», sagte Pizzaballa bei der Mitternachtsmesse, zu der zahlreiche Gläubige in die Katharinenkirche gekommen waren. Dennoch fehlten zur vollständigen Freude noch die Pilger, die wegen der Einreisesperre nicht ins Land kommen durften. (sda/dpa)