«Deutsche Tierheime am Rande der Überforderung», titelte die Rheinische Post kürzlich. Der Deutsche Tierschutzbund habe Alarm geschlagen, weil viele Tierhalterinnen und Tierhalter die während des Lockdowns angeschafften Haustiere wieder loswerden wollen, schreibt die Deutsche Regionalzeitung.
Fragt man bei Schweizer Tierheimen nach, klingt es nicht ganz so prekär. Aber auch hierzulande rechnen einige Tierheime mit einer Zunahme der Tierrückgaben, betroffen seien vor allem Hunde. «Letzte Woche hatten wir mehr Anfragen nach Hundeabgabeplätze als in den Monaten davor», sagt Rommy Los, Geschäftsleiter des Zürcher Tierschutzes.
Gleich von einer Trendwende sprechen will Los aber nicht. «Wir rechnen jedoch damit, dass die Anfragen irgendwann in den nächsten Monaten zunehmen werden», so Los und führt aus: «Weil es noch nie so viele Hundehalterinnen wie aktuell gegeben hat, erwarten wir, dass auch die Zahl der Rückgaben im Vergleich zu anderen Jahren steigen könnte.»
Auch beim Luzerner Tierschutz spürt man eine leichte Zunahme. «Wir haben vermehrt Anfragen für Abgaben von Hunden, aber es ist nicht dramatisch», so die Betriebsleiterin Petra Roos. Sie hofft, dass es auch dabei bleibt.
Im Basler Tierheim an der Birs rechnet man mit mehr Anfragen: «Viele Leute unterschätzen den zeitlichen und finanziellen Aufwand sowie die Verantwortung. Sie wollen lieber in den Ausgang als mit dem Hund zwei Stunden Gassi gehen», so die Geschäftsleiterin Béatrice Kirn gegenüber der «Basler Zeitung».
Etwas entspannter sieht man es in Bern: Lukas Bircher, der Geschäftsführer des Berner Tierschutzes, rechnet nicht mit einem Anstieg der Rückgaben: «Wer sich vor einem Jahr einen Hund angeschafft hat, hat eine Bindung zu ihm aufgebaut. Den gibt man nicht einfach so wieder ab.» Zudem glaubt Bircher, dass die Homeoffice-Pflicht das Arbeiten flexibler und haustierfreundlicher gemacht habe.
Bircher macht etwas anderes Sorgen: «Viele Züchter sind ausgebucht. Das könnte die eine oder andere dazu bringen, einen süssen kleinen Hund aus den Ferien mit nachhause zu nehmen.» Eine solche Entscheidung solle man sich gut überlegen, so Bircher. «Wir haben immer wieder Fälle, wo Tiere aus dem Ausland im Tierheim landen, weil es sich die Halterinnen doch anders überlegt haben.»
Was die Tierheime und Tierpensionen aktuell aber fast noch mehr umtreibt, sind die ausgebuchten Ferienplätze. Wer seinen Hund oder seine Katze während den Schulferien ins Tierhotel bringen möchte, sollte sich beeilen. «Wir sind sehr voll und mussten bereits Anfragen ablehnen. Im Gegensatz zu letztem Jahr, wo fast nichts los war, entscheiden sich viele Leute dieses Jahr sehr spontan für Ferien», so der Tierpfleger Andreas Waltenspühl vom Tier-Ferienheim Stolboden in Sihlbrugg (ZG).
Auch im Tierheim & Tierhotel Arche in Chur hat es kaum mehr Platz, die Buchungen kamen alle sehr spontan. «Normalerweise vergeben wir die Plätze für in den Sommerferien bereits im Frühling. Dieses Jahr kamen die Anfragen viel später und sehr eng aufeinander», so eine Angestellte.
Gerade die Sommerferien zeigen: Spontan verreisen mit Hund ist gar nicht so einfach. «Wer einen Hund haben möchte, muss bereit sein, ein Hundeleben lang für ihn zu sorgen», sagt Los vom Zürcher Tierschutz. Und auch Berufskollege Bircher aus Bern pflichtet bei: «Ein Hund ist vergleichbar mit einem Kind, mit dem Unterschied, dass der Hund nie erwachsen wird.»