Erstmals zeigt eine Untersuchung detailliert auf, wie verbreitet Freikirchen in der Schweiz sind und wie ihre Mitglieder denken. Demnach hat sich die Zahl der Evangelikalen seit 1970 von damals 37'000 auf nunmehr 250'000 erhöht. Die Freikirchlichen sind sehr aktiv und besuchen regelmässig die Messe. Darum stellen sie hierzulande an einem normalen Sonntag inzwischen einen Drittel aller Teilnehmer an einem religiösen Ritual.
Am meisten zugelegt haben die sogenannten charismatischen Freikirchen, wie die umfangreiche Studie zweier Westschweizer Religionssoziologen weiter zeigt. Sie untersuchten, was das evangelisch-freikirchliche Milieu so wettbewerbsstark macht. Der Mitgliedergewinn fand vor allem bis ins Jahr 2000 statt, seither hält sich die Zahl der Freikirchlichen auf konstantem Niveau, während die Landeskirchen schrumpften.
Die Wertvorstellungen von Freikirchlichen unterscheiden sich laut der Untersuchung stark von denjenigen der Katholiken, der Reformierten und der Gesamtbevölkerung. Freikirchliche denken grossmehrheitlich äusserst konservativ. Sie sprechen sich gegen homosexuelle Beziehungen aus, lehnen Schwangerschaftsabbrüche ab und befürworten traditionelle Geschlechterrollen. Sie selbst weisen eine signifikant höhere Heiratsrate auf, lassen sich weniger oft scheiden und haben im Durchschnitt mehr Kinder. Ihre Ehepartner sind meist ebenfalls bekehrt.
Laut der Studie gibt es in der Schweiz rund 5700 religiöse lokale Gemeinschaften. Die Evangelisch-Freikirchlichen stellen nach den Katholiken die zweitmeisten Lokalitäten. Das ist bemerkenswert, denn nur 3 Prozent der Gesamtbevölkerung sind Freikirchen-Mitglieder, während es bei den Katholiken 38 Prozent sind.
Kritisch äussern sich ehemalige Freikirchliche. Sie beschreiben das Milieu als einen geschlossenen Raum mit laut Studie «sektiererischer Tendenz». Von Gehirnwäsche ist die Rede. Allerdings sind es gerade auch diese Merkmale, welche den Fortbestand der Gemeinschaften sichern.