Kaum ist die Berner Fluggesellschaft Skywork pleite gegangen, lancieren Aviatik-Enthusiasten schon das nächste Schweizer Airline-Projekt. Unter dem Projektnamen Swiss Skies wollen vier Unternehmer in Basel eine Langstrecken-Billigairline aus dem Boden stampfen. Mit dem 190-plätzigen Airbus A321LR möchten sie schon 2019 Richtung USA abzuheben.
Wie erfolgsversprechend sind die jüngsten Schweizer Airline-Pläne? Zeit für einen Realitäts-Check mit Aviatik-Spezialist und Chefredaktor von Skynews.ch, Hansjörg Bürgi.
Swiss Skies plant mit einem Flugzeug, das noch gar nicht verfügbar ist. Die Erstauslieferung des A321LR (Long Range) ist für Ende 2018 geplant. «Diese Flugzeuge sind derzeit heiss begehrt, da mit der Langstreckenversion des Airbus-Bestsellers ganz neue Märkte erschlossen werden können», so Bürgi.
Der A321LR kann rund 7500 Kilometer weit fliegen. Das reicht für Nonstop-Flüge von Europa an die Ostküste der USA. Der Businessplan der Airline sieht vor, bereits im zweiten Betriebsjahr 16 Maschinen des Typs einzusetzen und bereits 38 im vierten Jahr. «Darum habe ich Fragezeichen, ob Swiss Skies diese Flieger so rasch beschaffen kann. Und falls ja, zu welchem Preis», so der Experte weiter.
Asien, Karibik, USA, Brasilien: Die Airline plant auf dem Euroairport in Basel ein komplettes Netzwerk aufzubauen, wie Mitgründer Armin Bovensiepen in der «Financial Times» ankündigt. Geplant sind Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zu kleinen Airports in Übersee. Und das von Basel aus, wo es bislang keine einzige ganzjährige Langstreckenverbindung gibt.
Bürgi sieht durchaus Potenzial für Langstreckenverbindungen ab dem Euroairport – wegen der Pharmabranche. «Platzhirsch Easyjet würde ich es zutrauen, erfolgreich Langstrecken ab Basel zu bedienen. Dank des grossen Netzwerks könnte die Airline Flieger füllen. Ein Newcomer wie Swiss Skies hat hingegen kaum Chancen, da Zubringerflüge fehlen.»
Ein grosser Pluspunkt für den Euroairport ist die verfügbare Kapazität: Als einziger Schweizer Airport hat der Basler Flughafen noch genügend freie Slots für eine Expansion.
30 Prozent billiger als bei gewöhnlichen Airlines soll man mit Swiss Skies Langstrecken fliegen können. Zum Vergleich: Die neue Discount-Langstrecken-Airline Level bietet Tickets für Paris – New York ab 99 Euro an.
Das Problem: Selbst mit der Swiss fliegt man derzeit ab 455 Franken retour nach New York. So müsste Swiss Skies die Flüge für rund 350 anbieten. «Wegen des grossen Überangebots auf den Atlantikstrecken sind die Preise im Keller. Da lässt sich nur schwer Geld verdienen», so Bürgi. Das spürt auch Billig-Riese Norwegian Air Shuttle. Die Airline hat bereits Discountflüge über den Atlantik im Angebot. Finanziell gehen die Pläne nicht auf: Das Unternehmen schreibt tiefrote Zahlen.
Swiss Skies führt diese Woche in Basel einen Investorenevent durch, um die für den Start benötigten 100 Millionen Franken zusammenzubringen. «Die Fliegerei ist noch immer ein sexy Business. Es finden sich immer wieder Leute, die Geld in die Airline-Branche investieren», so Bürgi.
Er glaubt, dass die Airline deutlich mehr als 100 Millionen für den Start benötigt. Um die Betreibsbewilligung zu erhalten, müsse eine Airline sechs Monate ohne Einnahmen fliegen können. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) schaue da mittlerweile «sehr genau hin».
Zum Vergleich: Die Regionalairline Skywork hat seit 2011 laut Insidern über 100 Millionen Franken verbrannt, bis sie vor knapp zwei Wochen Konkurs ging.
Ob die in Basel geplante Airline je abhebt, steht in den Sternen. «Ich halte die Pläne für ziemlich utopisch», so Bürgi. Dies, weil mit Swiss und Easyjet in der Schweiz bereits zwei grosse Platzhirsche den Markt dominierten, die dank ihrer Grösse viele Verbindungen zu bereits günstigen Preisen anbieten.
Zudem schreitet die Konsolidierung in der Airline-Branche nach wie vor rasch voran. Jüngstes Beispiel ist Air Berlin. Die Fluggesellschaft stellte ihren Betrieb dieses Jahr ein, nachdem nicht zuletzt das grosse Langstreckennetz grosse Verluste einflog.
Sind Kooperationen mit anderen Airlines geplant? Wie gedenkt Swiss Skies, so rasch an die neuen Flugzeuge zu kommen? Auf Anfrage von watson konnte ein Sprecher der geplanten Airline am Montag keine Auskunft geben. Er stellt weitere Informationen nach einem Investorenanlass in Aussicht, der am Donnerstag in Basel stattfinden soll.
2002 kündigte der damals 22-jährige Mario Ritter vollmundig den Start der neuen Flugline Air Switzerland an, heuerte Personal und Manager an und liess sich mit Modellen von Langstreckenmaschinen ablichten. Nach acht Monaten war sein Projekt insolvent, wie die «Handelszeitung» berichtete. Über zehn Jahre nach der Pleite wurde 2015 der Konkurs definitiv abgeschlossen. Ritter und sein Vater mussten 200'000 Franken in die Konkursmasse einzahlen, um einer Strafklage zu entgehen.