Manuell Deverell, gross, lange blonde Rastazöpfe, kommt humpelnd zum Gespräch. Er hat sich bei der Arbeit den Zeh verletzt. «Gebrochen ist zum Glück nichts, aber arbeiten kann ich für die nächsten drei Tage sicher nicht», meint er kopfschüttelnd.
Vor sieben Jahren entschied sich Deverell für eine Lehre als Maurer. Der Gedanke, etwas mit den Händen zu erschaffen, gefiel ihm. «Es machte Spass, am Ende des Tages sein Werk zu sehen», so der 22-Jährige. Seither zieht er von Baustelle zu Baustelle. Angestellt bei einem der grössten Bauunternehmen der Schweiz, weiss Deverell, welches die grössten Probleme auf dem Bau sind.
«Ab einem gewissen Alter haben sehr viele Kollegen körperliche Probleme. Der Rücken schmerzt, die Gelenke tun weh.» Deshalb, so Deverell, sei es enorm wichtig, das Rentenalter bei 60 Jahren zu belassen. Statistiken zufolge sterben Bauarbeiter im Durchschnitt 4,4 Jahre früher als Leute in anderen Berufen. Das weiss auch Deverell:
Für Deverell ist klar: Er wird nicht bis ins Rentenalter Maurer bleiben. Der Arbeitsalltag sei zu stressig, der Druck enorm. «Die Preise für die Baustellen werden sehr knapp berechnet. Jeder Tag, an dem die Baustelle noch nicht fertig ist, kostet die Baufirmen viel Geld.»
Zu spüren bekommen das allen voran er und seine Mitarbeiter, erklärt Deverell und fügt hinzu: «Früher war das Material teuer, heute sind es die Personalkosten.» Und diese würden mit allen Mitteln gedrückt, so der Maurer. «Oft arbeiten wir Überstunden oder am Wochenende, wenn die Baustelle bis Ende Woche abgeschlossen sein muss.» Angepackt werde dabei von allen. «Niemand will derjenige sein, der am Samstag nicht kann. Schliesslich könnte man seinen Job verlieren.»
Ein weiteres Problem sei die Temporärarbeit. «Viele Bauarbeiter verlieren ihre Festanstellung und werden in Temporärjobs gedrängt. Das finde ich sehr bedenklich.» Hinzu kommt, dass der Job immer unattraktiver für die Jungen werde, sagt Deverell. «Arbeite ich auf einer Baustelle, gehöre ich meistens zu den Jüngsten. Das Durchschnittsalter liegt bei etwa 40 Jahren.» Das sei eine traurige Entwicklung. «Der Bau braucht den Nachwuchs.»
Doch wenn die Arbeitsbedingungen immer schlechter werden, könne er gut verstehen, wieso viele auf eine Lehre als Maurer verzichten würden. «Ich weiss ehrlich gesagt nicht, ob ich meinen zukünftigen Kindern eine Maurerlehre empfehlen würde», so Deverell nachdenklich.
Es sei enorm wichtig, dass die Bauunternehmen Jobs auf dem Bau in Zukunft attraktiver gestalten – besonders für die nachfolgenden Generationen. «Weniger Druck, eine bessere Feedbackkultur und keine Erhöhung der Arbeitszeiten» wünscht sich Deverell.
Er hat die Streiks im Tessin und der Romandie mitverfolgt. Und er wäre auch gerne an die heutige Demonstration in Zürich gegangen. Doch sein Zeh lässt es nicht zu. Auf einen positiven Ausgang der Verhandlungen hofft Deverell trotzdem. «Es geht um die Zukunft des Baus. Und darum, wie attraktiv die Jobs für den Nachwuchs noch sein werden.»