Entwicklungshilfe: Nationalrat berät über die Zukunft der Schweizer Entwicklungshilfe

Entwicklungshilfe: Nationalrat berät über die Zukunft der Schweizer Entwicklungshilfe

02.06.2016, 07:08

Der Nationalrat debattiert heute Donnerstag über die Mittel, die die Schweiz in den nächsten vier Jahren in die Entwicklungszusammenarbeit, die Humanitäre Hilfe und die Friedensförderung investieren kann. Die Bandbreite der Forderungen ist gross.

Der Bundesrat möchte den fünf Aufgabenbereichen der Internationalen Zusammenarbeit in den vier Jahren von 2017 bis 2020 insgesamt 11.11 Milliarden zur Verfügung stellen. Konkret geht es um Mittel für die die Humanitäre Hilfe, die Technische Zusammenarbeit zugunsten von Entwicklungsländern, wirtschafts- und handelspolitische Massnahmen durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und die Friedensförderung.

Diese Mittel entsprechen Ausgaben von durchschnittlich 0.48 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE). Noch 2011 hatte das Parlament beschlossen, dass die Ausgaben für die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit 0.5 Prozent des BNE betragen sollten. Das Ziel wurde 2015 erstmals erreicht.

Der neue Rahmenkredit entspricht angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung etwa dem letzten Rahmenkredit, wobei Vergleiche schwierig sind: Erstens enthält der neue Rahmenkredit erstmals die Friedensförderung. Zweitens wurde der Eigenaufwand ausgelagert.

Die Quote als Diskusssionsgrundlage

Federführung bei der Internationalen Zusammenarbeit hat die Aussenpolitische Kommission, die den Bundesratsvorschlag in der Mehrheit unterstützt. Doch aus der Finanzkommission kommt der Kürzungsvorschlag auf 0.4 Prozent des BNE - ohne jedoch die Mittel für die Humanitäre Hilfe anzutasten.

Sollte dieser Vorschlag durchkommen, würde der Spardruck vor allem auf der bilateralen Entwicklungshilfe in Ländern des Südens, also bei der Armutsbekämpfung, und bei den Mitteln für zahlreiche UNO-Organisationen wie die UNICEF lasten.

Auf der anderen Seite der Bandbreite fordern Parlamentarierinnen und Parlamentarier die Aufstockung der Mittel für die Internationale Zusammenarbeit auf 0.7 Prozent des BNE bis 2020, also um mehrere Milliarden.

Auch wenn im Nationalrat heute um die Mittel gerungen wird, sind diese nicht in Stein gemeisselt: Die tatsächlichen Mittel, die der Entwicklungshilfe jährlich zur Verfügung gestellt werden, beschliessen die Räte jeweils mit dem Budget. Angesichts der Sparvorgaben von Bundesrat Ueli Maurer dürften sie in den kommenden Jahren weiter stark unter Druck sein.

Solidarität und Verantwortung

Doch nicht nur das Geld steht zur Debatte, sondern auch die Stossrichtung der Entwicklungszusammenarbeit. Basis dafür sind gemäss Bundesrat die Werte Solidarität und Verantwortlichkeit. Gestützt darauf «setzt sich die Schweiz dafür ein, dass alle Menschen frei von Armut, in Würde und Sicherheit leben können und dass Lösungen für die globalen Herausforderungen gefunden werden».

Mit Blick auf die Migration leistet die internationale Zusammenarbeit der Schweiz gemäss Botschaft auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen. Sie lindert die Not der Menschen vor Ort, zielt auf eine Verbesserung ihrer Lebensperspektiven und trägt zur Konfliktlösung und Friedensförderung bei.

Migrationspolitische Forderungen

Das genügt nicht allen Politikerinnen und Politikern. Aus den Reihen der SVP und der CVP kommt deshalb ein Rückweisungsantrag. Sie fordern eine konkrete Fokussierung auf «die zentralen Herausforderungen» der kommenden Jahre, namentlich die Katastrophenhilfe, Armutsrisiken, Migration und internationale Sicherheit. Zudem soll die Liste der Schwerpunktländer überprüft und Aufträge sollen vermehrt mit «migrationsspezifischen Schwerpunkten» erteilt werden.

Scheitert die SVP mit dem Rückweisungsantrag, so will sie in den einzelnen Rahmenkrediten festhalten, dass die Gelder erst ausbezahlt werden, «wenn das Empfängerland in asyl- und migrationspolitischen Belangen im Grundsatz mit der Schweiz kooperiert».

DEZA-Direktor Manuel Sager hält wenig von solchen Ideen. In einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» sagte er jüngst: «Würden wir unsere Hilfe an Bedingungen knüpfen, dann müssten wir im Gegenzug Projekte machen, welche die dortige Regierung wünscht. Das wären dann aber oft genau nicht diejenigen Projekte, die wir als sinnvoll erachten.» (sda)

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