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Google verliert Prozess: EU-Richter stärken «Recht auf Vergessen» im Internet

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Google verliert Prozess: EU-Richter stärken «Recht auf Vergessen» im Internet

Sensible Daten können in Zukunft aus den Suchergebnissen verschwinden.
Sensible Daten können in Zukunft aus den Suchergebnissen verschwinden.Bild: Keystone
«Vergessen muss auch im Netz möglich sein», findet der Der EU-Gerichtshof. Bürgerinnen und Bürger in der EU können ab sofort von Google verlangen, bestimmte Seiten aus den Suchergebnissen zu streichen – auch für die Schweiz könnte dies bald gelten. 
13.05.2014, 10:3013.05.2014, 22:19
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Wenn Informationen in Suchergebnissen die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen verletzen, muss Google sie künftig löschen. 

Der US-Internetgigant äusserte sich am Dienstag enttäuscht über die Entscheidung des höchsten Gerichts in der EU, während Datenschützer und Grüne das Urteil begrüssten. EU-Justizkommissarin Viviane Reding bezeichnete den Richterspruch als einen «klaren Sieg für den Schutz der persönlichen Daten der Europäer». 

Neue Praxis wahrscheinlich auch in der Schweiz gültig

Positiv auf den wegweisenden Entscheid reagierte auch der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte (EDÖB). Der EDÖB begrüsse das Urteil, weil es die Persönlichkeitsrechte der Userinnen und User und insbesondere das Recht auf Vergessen im Internet stärke, teilte Mediensprecher Francis Meier auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda mit. Auch wenn der Entscheid rechtlich nur für die EU gelte, gehe der EDÖB davon aus, dass Google die neue Praxis auch in der Schweiz umsetzen werde, hiess es. 

Den Luxemburger Richtern zufolge können sich Personen «unmittelbar an den Suchmaschinenbetreiber wenden, um unter bestimmten Vorsaussetzungen die Entfernung des Links aus der Ergebnisliste zu erwirken». Wenn der Betreiber dem nicht folge, kann sich der Betroffene an das zuständige Gericht wenden. 

Spanier fühlte sich in seiner Privatsphäre verletzt

Im konkreten Fall hatte sich ein Spanier bei der Datenschutzbehörde seines Landes über Google beschwert, weil er seine Privatsphäre verletzt sah. Bei Eingabe seines Namens fand er Hinweise über eine Zwangsversteigerung seines Hauses, die 15 Jahre zurücklag. 

Allein in Spanien gibt es 180 Fälle, in denen Bürger die Löschung von persönlichen Informationen von Google verlangen. Die spanische Datenschutzbehörde AEPD äusserte sich zufrieden mit dem Urteil, nachdem sich Google heftig gegen die Auflagen gewehrt habe. 

Google nicht zufrieden mit dem Ergebnis

Der Internetkonzern steht seit Jahren in der Kritik von Anwälten und Datenschützern, weil er sich weigert, derartige Informationen zu löschen. Ein Sprecher von Google Deutschland bezeichnete das Urteil als enttäuschend für Suchmaschinenbetreiber und all jene, die Inhalte online publizierten. «Wir sind sehr überrascht, dass das Urteil so stark von der Einschätzung des Generalanwalts abweicht», sagte er. 

Generalanwalt Niilo Jääskinen hatte sich im Juni dafür ausgesprochen, dass sich Google zwar an die EU-Gesetze zur Privatsphäre halten müsse, aber nicht zu einer Löschung sensibler Daten verpflichtet werden könne. 

In vielen Fällen folgt das Gericht den Schlussanträgen des Generalanwalts. «Wir benötigen nun Zeit, um die Auswirkungen zu analysieren», erklärte der Google-Sprecher weiter. 

Im Januar hatte bereits das Hamburger Landgericht entschieden, dass Google auf seiner deutschen Internetseite heimlich aufgenommene Sex-Bilder von Ex-Motorsportboss Max Mosley nicht mehr in den Suchergebnissen anzeigen darf. Die Fotos verletzten die Intimsphäre Mosleys schwer, urteilten die deutschen Richter. 

Datenschutzregeln aus der «digitalen Steinzeit»

Nach Ansicht von EU-Kommissarin Reding können sich nach dem Richterspruch aus Luxemburg «Unternehmen nicht mehr hinter ihren Servern verstecken, die sich in Kalifornien oder sonst wo auf der Welt befinden». Zudem bestätige das Urteil die Notwendigkeit, die aktuellen Datenschutzregeln aus der «digitalen Steinzeit» in die heutige Computerwelt zu überführen, erklärte Reding auf ihrer Facebook-Seite. 

In der Europäischen Union werden derzeit die Vorschriften zum Datenschutz überarbeitet, die noch aus dem Jahr 1995 stammen, also bevor das Internet seinen Siegeszug antrat. 

Die Reform stellt klar, dass die EU-Datenschutzbestimmungen auch für nicht-europäische Konzerne wie Google, Facebook oder Amazon gelten, wenn sie ihre Dienste in der EU anbieten. Zudem soll es im Vergleich zu heute für Konsumenten viel leichter werden, die Löschung ihrer Daten zu beantragen. (rar/sda/reu/afp/dpa) 

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