Sie kennen keine Loyalität, sind egoistisch und faul. Die Rede ist von den Millennials, auch «Generation Y» genannt – die Bevölkerungskohorte der zwischen 1981 und 1999 Geborenen. Die wenig schmeichelhafte Beschreibung dieser Generation, über die schon viel geschrieben und gelästert wurde, findet vermutlich besonders viel Zustimmung unter den sogenannten «Baby-Boomern».
Diese Generation der bis 1965 Geborenen – oft sind sie die Eltern der Millennials – scheint wenig von der «heutigen Jugend» zu halten. Sie reiht sich damit ein in eine Tradition, die so alt ist, das man annehmen kann, sie gehöre zu den wenigen Dingen, die sich wirklich niemals ändern.
Berühmt ist das oft zitierte Verdikt, das der griechische Philosoph Sokrates gefällt haben soll: «Die Kinder von heute sind Tyrannen. Sie widersprechen ihren Eltern, kleckern mit dem Essen und ärgern ihre Lehrer.» Und es ist noch bei weitem nicht das älteste: «Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte», klagt bereits eine Inschrift auf einer rund 5000 Jahre alten sumerischen Tontafel.
Das Klagelied über die jeweilige heutige Jugend ist also alles andere als neu. «Generation auf Generation klagt die ältere über die Unzulänglichkeiten der folgenden», sagt John Protzko, Psychologe am MetaLab der University of California. «Und oft äussern sie genau dieselben Vorwürfe, die schon in den vergangenen 2500 oder mehr Jahren vorgebracht wurden.»
Protzko und sein Mitarbeiter Jonathan W. Schooler sind der Frage nachgegangen, warum das so ist. Die Wissenschaftler, die ihre Studie im Wissenschaftsmagazin «Science Advances» veröffentlichten, führten mehrere Umfragen unter Erwachsenen im Alter von 33 bis 51 Jahren durch. Die Teilnehmer mussten die heutigen Jugendlichen danach einschätzen, ob diese ihre Eltern respektieren und wie intelligent und belesen sie sind.
Das Ergebnis der Umfrage war – wie zu erwarten war – eher düster: Jugendliche haben zu wenig Respekt vor ihren Eltern, befanden die Teilnehmer an der Umfrage im Schnitt. Klar negativ war auch das Urteil in Sachen Belesenheit. Einzig bei der Intelligenz verhielt es sich anders – hier waren die Teilnehmer durchschnittlich der Meinung, dass die Jugendlichen etwa so intelligent seien wie frühere Generationen.
Nun hatten Protzko und Schooler aber alle Teilnehmer zuvor danach beurteilt, wie autoritär, intelligent und belesen diese selber waren. Als sie die Ergebnisse der Umfrage mit diesen Werten abglichen, zeigte sich ein einfaches Muster: Je stärker ein Teilnehmer bei einem dieser Attribute (autoritär, intelligent, belesen) herausragte, desto eher wiesen die Jugendlichen seiner Meinung nach in diesem Bereich ein Defizit auf.
Wer mehr liest, tendierte also eher zur Ansicht, dass die Jugend von heute zu wenig liest. Dieser Befund gilt auch für den Bereich Intelligenz, obwohl die Teilnehmer im Schnitt die Jugend von heute für gleich intelligent wie früher hielten.
Bemerkenswert ist, dass sich der Effekt in einem Bereich nicht auf die anderen übertrug, das heisst, wer beispielsweise eher autoritär ist, meinte nicht unbedingt, dass Jugendliche heute zu wenig lesen.
Potzko und Schooler sehen hier zwei psychologische Mechanismen am Werk: Zum einen neigen wir offenbar dazu, andere in jenen Bereichen negativer zu beurteilen, in denen wir selber herausragen. Zum anderen aber überstülpen wir unser aktuelles Selbstbild unserem früheren Ich. Das heisst, wir projizieren unsere gegenwärtigen Fähigkeiten in unsere Vergangenheit. Erwachsene neigen dazu, ihr aktuelles Niveau als Massstab zu nehmen, um Jugendliche zu beurteilen – und vergessen dabei, wie viel Entwicklung und Erfahrung in ihnen selbst steckt.
Kein Wunder also, dass die Menschheit seit Jahrtausenden den erschreckenden Zustand der Jugend beklagt. So dürften auch die viel geschmähten Millennials genau so intelligent, anständig und belesen sein wie frühere Generationen. Das negative Bild gründet eher auf Illusionen, die Baby Boomer geschaffen haben – ohne es zu merken.
Potzko betont indes, es gehe bei seiner Studie nicht um eine Rechtfertigung der Millennials, sondern um die Neigung von Menschen, über die nachfolgende Generation zu klagen. Und dies werde wohl nie aufhören. Da ist der Gedanke doch tröstlich, dass auch die Millennials in diese Falle tappen werden.
Diese Generationenaufteilung über 20 Jahre ist sowieso ein Witz. Ich wüsste nicht, warum ich zu "X" gehören sollte, zumal ich mit den Freaks der 60er nichts habe, das mich mit ihnen verbindet und mir die Ära "Y" doch viel näher und auch präsent ist. Und ich bin doch einige Jahre vor 1981 zu diesem Leben auf diesem kaputten Planeten genötigt worden.
Kann man wirklich kippen, diese X-, Y-, Z-Generationen.
Ebenso sind ein 1981 und ein 1999 geborenes Kind zwei Kinder aus völlig verschiedenen Welten.