Obwohl die Fallzahlen seit Mitte Juli wieder ansteigen, ist die aktuelle Situation nicht mit jener im März zu vergleichen. Konkreter gesagt: Am 12. August meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) rund 274 Neuinfektionen. Diese Zahl liegt aber immer noch viel tiefer als noch am 27. März, als die Schweiz an einem Tag 1303 Neuinfektionen verzeichnete.
Ein Grund für den Shutdown im März war die begrenzte Anzahl an Intensivpflegeplätzen in den Schweizer Spitälern. Der Bundesrat wollte die exponentielle Verbreitung des Virus so schnell wie möglich eindämmen, um zu verhindern, dass die gesundheitliche Versorgung nicht mehr gewährleistet werden kann.
Die aktuelle Situation in den Spitälern ist jedoch entspannt. Im Gegensatz zur Entwicklung der Fallzahlen blieb die Zahl der Hospitalisierungen relativ konstant (siehe auch Punkt 5). Das lässt sich wie folgt erklären: Gemäss BAG wurden zu Beginn der Epidemie vorwiegend ältere Menschen positiv auf Covid-19 getestet. Über die letzten Wochen infizierten sich zunehmend mehr Personen unter 40 Jahren. Bei einem Grossteil der jüngeren Menschen verläuft das Virus milde, wodurch sie nicht auf ärztliche Betreuung angewiesen sind.
Diese Aussage stimmt nicht. Seit Anfang Juli nimmt die Anzahl an täglich durchgeführten Tests ab. Während zu Peakzeiten Anfang Juli täglich bis zu 15'178 (3. Juli 2020) Menschen getestet wurden, verzeichnete das BAG am 13. August lediglich 6670 Covid-19 Tests. Es ist also falsch, zu sagen, dass es nur mehr Coronafälle gibt, weil mehr getestet wird.
Bei den steigenden Fallzahlen lohnt sich auch ein Blick auf die Positivitätsrate, also der prozentuale Anteil an Corona-Tests, der positiv war. Diese Rate steigt nämlich seit Ende Juni kontinuierlich an.
Die Expertinnen sind sich uneinig, wie genau dieser Anstieg zu bewerten ist. Laut Epidemiologe Christian Althaus sei der Anstieg «tendenziell kein gutes Zeichen», wie er gegenüber nau.ch Anfang Juli sagte. «Er könnte darauf hinweisen, dass in der Bevölkerung wieder mehr Infektionen vorhanden sind», so Althaus.
Eine andere Theorie wäre positiver. Nämlich die, dass das Contact Tracing der Kantone erfolgreich ist und präzise Menschen getestet werden, die in Kontakt mit bereits infizierten Personen standen.
Der Kanton Genf verzeichnet seit Mitte Juli in der Tat einen starken Anstieg an Infektionszahlen. Wäre Genf ein eigenes Land, müsste es bereits auf die Risikoliste des Bundes gesetzt werden. Auf die Liste kommt, wer mehr als 60 Corona-Fälle pro 100'000 Einwohner verzeichnet. In Genf waren es in den letzten 14 Tagen rund 99 Fälle pro 100'000 Einwohner.
Trotz der hohen Fallzahlen ist es jedoch zu kurz gegriffen, zu sagen, dass Genf die Situation nicht mehr im Griff habe. Der Staatsrat hat bereits einige Massnahmen getroffen, um eine weitere Verbreitung des Virus zu unterbinden.
So gilt in geschlossenen Räumen eine allgemeine Maskenpflicht. Zudem machte der Staatsrat Ende Juli alle 36 Nachtclubs erneut dicht. Mit diesen Massnahmen versuche man, eine exponentielle Anzahl von Infektionen in der Bevölkerung zu vermeiden, hiess es vor zwei Wochen. Auch das Contact Tracing wird laufend ausgebaut, sagt das Gesundheitsdepartement in Genf auf Anfrage. Es sei jedoch eine «gewaltige Aufgabe».
Obwohl die Fallzahlen seit Anfang Juli wieder gestiegen sind, bewegen sich die Hospitalisierungen auf einem tiefen Niveau. Anders als noch im März erkranken derzeit vor allem jüngere Menschen am Coronavirus. Bei den meisten dieser Fälle ist der Verlauf des Virus relativ milde, was dazu führt, dass sie auch nicht hospitalisiert werden müssen.
Dennoch ist es gefährlich, aufgrund der tiefen Hospitalisierungs- und Todeszahlen darauf zu schliessen, dass die steigenden Fallzahlen nicht schlimm sind. «Auch junge und gesunde Menschen können schwere Krankheiten entwickeln, auch wenn dies weniger wahrscheinlich ist», so Janne Estill von der Universität Genf. Ein guter Schutz der Hochrisikogruppen könne die Sterblichkeit trotz steigender Fallzahlen senken, so Estill. «Die bisherigen Erfahrungen aus Pflegeheimen haben aber gezeigt, dass der Schutz dieser Bevölkerungsgruppen in der Praxis schwierig werden kann.»
Auch Antoine Flauhault, Mitglied der bundesrätlichen Corona-Taskforce, warnt davor, dass die Schweiz jederzeit in die rote Zone fallen könnte. Flauhault und sein Team an der Universität Genf berechnen für verschiedene Länder, unter anderem die Schweiz, eine sogenannte Sicherheitszone. Diese befindet sich bei 2,5 neuen Fällen pro Tag auf 100'000 Einwohner gerechnet. Das wären 200 Fälle pro Tag. «Unsere Daten zeigen, dass die Schweiz als Ganzes derzeit an der Obergrenze ihrer Sicherheitszone kratzt», so der Epidemiologe gegenüber watson. Kurzfristig gibt er aber Entwarnung: «Wir rechnen nicht damit, dass die Sicherheitszone in den nächsten sieben Tagen verlassen wird.»
Das Problem: Je höher die Fallzahlen, desto aufwändiger ist es für die Contact Tracer der Kantone, die Infektionsketten nachzuverfolgen. Und diese Nachverfolgung ist im Kampf gegen die Corona-Pandemie essentiell. Doch ob die Grenze genau bei 200 Fällen liegt, ist schwierig zu beziffern.
Im Kanton Genf, wo die Fallzahlen aktuell am höchsten sind, wird das Contact Tracing laufend ausgebaut. Doch die Gefahr, dass der Kanton an die Kapazitätsgrenzen stösst, besteht. Diesem Szenario ist man sich in Genf bewusst. Auf Anfrage schreibt das Gesundheitsdepartement, dass nicht wichtig sei, ab welcher Fallzahl das Contact Tracing nicht mehr möglich sei, sondern vielmehr, ab wann es keinen Sinn mehr mache, weil «das Virus überall sein könnte».
Auf Frage 4 gibt der Text gar keine Antwort? Sich viel Mühe zu geben, heisst ja nicht, etwas im Griff zu haben.
Der Text zu Frage 5 impliziert nicht, was das Bildli dann zeigt ("falsch"), sondern eher "richtig" bis mittel. Ausserdem widerspricht das Ergebnis jenem von Frage 1.