Neue Saison, alte Hierarchie: Während die Bayern nach dem ersten Highlight der noch jungen Bundesliga-Saison mit dem Supercup im Konfettiregen jubeln dürfen, herrscht beim BVB grosse Ernüchterung. Zum sechsten Mal in Serie zogen die Schwarz-Gelben beim 1:3 gegen den Erzrivalen aus dem Süden den Kürzeren, obwohl das packende Duell lange offen war. Doch am Ende waren die Bayern einfach etwas cleverer. Vier Dinge, die auffielen.
Herzlichen Glückwunsch zum #Supercup2021-Sieg, @FCBayern! pic.twitter.com/0Qy0LjsLqr
— DFL Deutsche Fußball Liga (@DFL_Official) August 17, 2021
Julian Nagelsmann hat am Wochenende beim beeindruckenden 5:2-Sieg von Borussia Dortmund gegen Eintracht Frankfurt offenbar genau hingeschaut. Denn der Bayern-Trainer wusste genau, wo die Schwachstelle des BVB liegt: Auf der rechten Abwehrseite. Weil Thomas Meunier positiv auf das Coronavirus getestet wurde und Mateu Morey mit einer Kreuzbandverletzung noch länger ausfällt, muss dort derzeit Felix Passlack ran.
Der 23-Jährige, der zuletzt an Norwich City und Fortuna Sittard ausgeliehen wurde, war eigentlich schon aussortiert und kam jetzt unverhofft zu einer zweiten Chance. Gegen Frankfurt noch solid, war der Aussenverteidiger gegen die Bayern mit ihren schnellen Flügelflitzern heillos überfordert.
Mit zwei leichten Ballverlusten und einem zu kurz geratenen Rückpass auf Keeper Gregor Kobel verursachte Passlack allein in der Startviertelstunde drei brenzlige Szenen und auch bei den ersten beiden Bayern-Toren war der Rechtsverteidiger mitschuldig: Vor dem 0:1 wurde er von Flankengeber Serge Gnabry vernascht, vor dem 0:2 lief ihm Alphonso Davies auf und davon.
Die Szenen offenbarten, dass Passlack in der Bundesliga gegen die meisten Gegner eine Alternative sein könnte; für die Spitzenspiele gegen die Bayern oder Leipzig und in der Champions League sollte er aber besser nicht die Dauerlösung sein.
Matchwinner für die Bayern waren einmal mehr Robert Lewandowski und Manuel Neuer. Der polnische Torjäger erzielte gegen den Ex-Klub seine Tore Nummer 23 und 24, gegen keinen Gegner hat er öfter getroffen. Ausserdem traf «Lewy» im 14. Pflichtspiel für die Bayern in Folge. Seinen persönlichen Rekord hat er damit eingestellt, zum Rekord von Gerd Müller aus der Saison 1969/70 muss er auch noch in den folgenden zwei Spielen treffen.
14 – Robert Lewandowski trifft in seinem 14. Pflichtspiel für Bayern in Folge und bricht damit seinen persönlichen Rekord. Nur Gerd Müller (16 Spiele 1969/70) traf im deutschen Profifußball in mehr Pflichtspielen in Serie. Hommage. #BVBFCB #Supercup @FCBayern pic.twitter.com/lhm0vj4QtC
— OptaFranz (@OptaFranz) August 17, 2021
Vor allem Lewandowskis Torpedo-Kopfball zum 1:0 war beeindruckend. Ein kleines Zeichen an Flankengeber Gnabry, dann stürmte der Pole im Vollspeed in den Strafraum und wuchtete die Kugel kurz vor der Pause unhaltbar für Kobel in den BVB-Kasten.
Zuvor hatte Neuer die Bayern zweimal mirakulös vor einem Rückstand bewahrt. In der 20. Minute verkürzte der Bayern-Keeper gegen den allein vor dem Tor stehenden Marco Reus geschickt den Winkel und lenkte den Ball mit dem Fuss noch um den Pfosten. In der 39. Minute eilt Neuer nach einem weiten Ball auf Erling Haaland weit aus dem Tor und zwingt den BVB-Knipser so zum voreiligen Abschluss.
Überhaupt hatte Haaland nach seiner Gala-Vorstellung gegen Frankfurt einen schweren Stand gegen die Bayern. Von Dayot Upamecano und Niklas Süle in die Zange genommen, rieb sich der 21-jährige Norweger immer wieder auf. Früh begann er, mit sich und dem Auftritt seiner Mannschaft zu hadern.
Kein Wunder: Haaland kriegte kaum Bälle (34 Ballkontakte) und blieb deshalb über weite Strecken blass. Nach 90 Minuten hatte Haaland nur 11 Prozent seiner Kämpfe gewonnen und verzeichnete 13 Ballverluste, während Gegenspieler Upamecano 67 Prozent seiner direkten Duelle für sich entschied und auf insgesamt 11 Balleroberungen kam.
Bayern-Trainer Nagelsmann war deshalb nach dem Spiel voll des Lobes für sein Abwehr-Duo: «Beide Innenverteidiger haben stark gespielt. Heute war das viel besser als noch gegen Gladbach, sie haben beide viel Speed und sind körperlich gut aufgestellt», so Nagelsmann bei «Sky».
Bei Haaland entlud sich am Ende der Frust in einem Duell mit Neuer. Der Bayern-Keeper war für eine Brustabwehr weit aus seinem Kasten gelaufen und wurde vom Norweger im darauffolgenden Kopfballduell unsanft von den Beinen geholt.
Manuel Akanji hat seine starke EM-Form über den Sommer gut konserviert: Gegen Frankfurt blieb der Dortmunder Abwehrchef absolut fehlerlos und auch gegen die Bayern zeigte der 26-jährige Nati-Spieler lange eine absolute Weltklasse-Leistung.
In der Defensive verlieh Akanji seinem Team in Abwesenheit von Mats Hummels, Emre Can, Raphael Guerreiro und Thomas Meunier mit seiner Zweikampfstärke und dem guten Stellungsspiel die nötige Stabilität, gleichzeitig fungierte er als Ideengeber für die Offensive. Mit seinen gut getimten Pässen auf Marco Reus oder Mo Dahoud lancierte er gleich mehrfach das Dortmunder Umschaltspiel und sorgte so für Gefahrenmomente. Und auch das zwischenzeitliche 1:2 durch Reus leitete der Innenverteidiger mit einem perfekten langen Ball auf Passlack mustergültig ein.
Doch dann kam die verhängnisvolle 74. Minute: Akanji wurde im Spielaufbau vom eingewechselten Corentin Tolisso unter Druck gesetzt und liess sich deshalb zu einem überhasteten Abspiel hinreissen. Statt bei Donyell Malen landete der Ball in den Füssen von Tolisso und wenig später traf Lewandowski zum 3:1, was den BVB-Hoffnungen auf eine Wende somit jäh ein Ende setzte.
«Es ist natürlich ein Fehler, der uns nicht passieren sollte», kritisierte BVB-Trainer Marco Rose nach dem Spiel. Sofort schob er allerdings hinter, dass «Manu weiter mutig Fussball spielen soll.» Auch Torhüter Kobel nahm seinen Teamkollegen in Schutz: «So etwas passiert jedem mal. Manu hat ein Riesenspiel gemacht. Ohne ihn hätte es schon früher deutlicher stehen können.»