Flüchtlingsrettung im Mittelmeer nützt offenbar auch den Schleppern

Flüchtlingsrettung im Mittelmeer nützt offenbar auch den Schleppern

07.02.2017, 03:32

Die deutsche Regierung räumt ein, dass die EU-Operation «Sophia» zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer den Schleppern eher nützt. Die Schlepperorganisationen «kalkulieren die im Seegebiet fahrenden Schiffe in ihren Modus Operandi» mit ein.

Diese seien nach internationalem Seerecht verpflichtet, Seenothilfe zu leisten, heisst es in der Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linksfraktion, aus der die Zeitungen der Funke-Mediengruppe zitieren. Und weiter: «Die Bundesregierung sieht mit Sorge, wie Schleuser ihr Geschäftsmodell auf die Seenotrettung durch die verschiedenen Akteure ausrichten.»

Seit Beginn der EU-Mission haben demnach allein Einheiten der deutschen Marine 9455 Flüchtlinge gerettet. 22'641 Menschen wurden zudem durch andere Einheiten der gemeinsamen EU-Operation gerettet, an der seit Juni 2015 insgesamt 25 Nationen beteiligt sind.

Nach der Bergung der Flüchtlinge seien insgesamt 351 Schlepper-Schlauchboote versenkt worden. Zu Organisationen der Schleppernetzwerke und deren führenden Personen gibt die Regierung allerdings an, dass ihr «keine Erkenntnisse» vorlägen.

Tausende ertrunken

Allein im vergangenen Jahr kamen mehr als 180'000 Menschen über die zentrale Mittelmeerroute nach Europa. Tausende weitere ertranken, weil ihre nicht seetüchtigen Boote kenterten.

Der EU-Gipfel auf Malta beschloss vor kurzem einen Zehn-Punkte-Plan zur Schliessung der Mittelmeerroute. Er sieht vor, dass die libysche Küstenwache Überfahrten Richtung Europa unterbinden soll. Den Vorschlag der Unionsparteien, Flüchtlinge nach Nordafrika zurückzubringen, weist inzwischen auch SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann nicht mehr zurück.

Österreich plant Grenzschutzoffensive

Österreich will derweil die Zusammenarbeit mit den Staaten an der sogenannten Balkanroute verstärken. «Die westliche Balkanroute ist immer noch nicht so geschlossen, wie es nötig wäre», sagte Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil (SPÖ) der Zeitung «Welt». Es gebe leider immer noch erhebliche Aktivitäten von kriminellen Schleppern und eine signifikante Zahl von Migranten.

Auf den Flüchtlingspakt der EU mit der Türkei sei kein Verlass, sagte Doskozil. «Wir müssen uns jetzt intensiv darauf vorbereiten, dass die Regierung in Ankara die Schleusen auch wieder öffnen könnte.» Darum plane Österreich zusammen mit 15 weiteren Ländern entlang der Balkanroute und den Visegrad-Staaten eine enge Zusammenarbeit im Rahmen einer neuen «Balkan-Grenzschutzoffensive».

«Wir arbeiten derzeit an Gesetzesänderungen, die der Regierung erlauben, nicht nur aus humanitären Gründen Soldaten bilateral ins Ausland zu verlegen», sagte der Minister. Österreich sei bereit, künftig Staaten innerhalb und ausserhalb der EU Soldaten nicht nur wie bisher aus humanitären Gründen, sondern auch zum Schutz ihrer Grenzen anzubieten, «wenn diese Länder uns darum ersuchen und wir dafür ausreichend Kapazitäten haben.» (sda/dpa)

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