Niederlage für Gesundheitsminister Alain Berset: Der Ständerat möchte das Bundesgesetz über Tabakprodukte an den Bundesrat zurückweisen. Nichts wissen will die kleine Kammer von einem Werbeverbot. Die freie Marktwirtschaft sei höher zu gewichten als die Prävention.
Mit 28 zu 15 Stimmen bei Enthaltungen folgte die kleine Kammer der Mehrheit ihrer Gesundheitskommission. Diese hatte mit 6 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Rückweisung an die Regierung beantragt. Nur vom linken Lager erhielt Berset Unterstützung.
Damit muss der Bundesrat wohl eine Zusatzrunde drehen. Wenn der Nationalrat die Vorlage ebenfalls zurückweist oder der Ständerat ein zweites Mal Rückweisung beschliesst, muss die Regierung noch einmal über die Bücher.
Mit dem Tabakproduktegesetz will der Bundesrat das Suchtproblem entschärfen. Der Ständerat verlangt eine neue Vorlage, die nur unbestrittene Elemente der geltenden Tabakverordnung wie den Kinder- und Jugendschutz umfasst.
«Es gibt eine Grenze»
Von Einschränkungen der Werbung im Kino oder auf Plakaten, der Verkaufsförderung und des Sponsorings will die kleine Kammer aber nichts wissen. Zu verzichten sei insbesondere auch auf die Meldung der Werbe- und Marketingaufwendungen.
Eine deutliche Mitte-Rechts-Mehrheit im Ständerat warnte vor einem «Angriff auf die freie Marktwirtschaft». Es sei nicht erwiesen, dass generelle Werbeverbote einen Rückgang des Rauchens bewirkten. Zudem erhalte der Bundesrat zu viel Macht. «Es gibt eine Grenze», sagte Joachim Eder (FDP/ZG).
Auch sei nicht einzusehen, wieso für nikotinhaltige E-Zigaretten oder den Kautabak Snus die gleichen strengen Regeln gelten sollten wie für herkömmliche Zigaretten, die schädlicher seien.
Nur die SP und Grünen erachteten den Gesetzesentwurf als brauchbare Basis für die Detailberatung. Weiter halten die Befürworter fest, ein Gesetz im Sinne des bundesrätlichen Entwurfs sei eine nötige Voraussetzung für die Ratifizierung der WHO-Tabakkonvention.
Gesetz pro Jugendschutz
Nicht umstritten ist das schweizweite Verbot des Verkaufs von Zigaretten an Minderjährige. Eine Mehrheit hält fest, diese Massnahme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen begrüsse sie ausdrücklich. Hierzu müsse für Testkäufe eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Auch ein Verbot von speziell an Minderjährige gerichtete Werbung hält eine Mehrheit für sinnvoll.
Der Bundesrat wollte aber weitergehen und die Tabakwerbung auf Plakaten, in Print- und Onlinemedien sowie im Kino verbieten. Nach seinem Entwurf dürften die Tabakkonzerne jedoch am Kiosk, an Automaten und an Festivals von nationaler Bedeutung weiterhin werben.
Gesundheitsminister Berset sagte bei der Präsentation der Vorschläge, Werbung habe besonders auf Jugendliche einen grossen Einfluss. Gemäss einer deutschen Studie steigt das Risiko, dass Jugendliche zu rauchen beginnen, um 46 Prozent, wenn sie Tabakwerbung ausgesetzt sind.
Restriktivere Regeln im Ausland
Heute gilt ein Werbeverbot für Tabak in Radio und Fernsehen. Auch Tabakwerbung, die sich explizit an Minderjährige richtet, ist untersagt. Ein weitergehendes Verbot war bereits in der Vernehmlassung auf Kritik gestossen. Der Bundesrat hielt dennoch daran fest. Die Schweiz gehe mit den geplanten Regeln weniger weit als die meisten europäischen Länder, gab Berset zu bedenken.
Auch manche Kantone kennen heute striktere Regeln als der Bund. In 15 Kantonen ist Plakatwerbung für Tabakprodukte bereits verboten. In zehn Kantonen dürfen keine Zigaretten an Minderjährige verkauft werden, in weiteren zwölf Kantonen gilt das Abgabealter 16 Jahre.
Weltweit sterben jedes Jahr über 5 Millionen Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. In der Schweiz sind es rund 9500 Personen. Der Tabakkonsum ist damit die häufigste vermeidbare Todesursache in der Schweiz. (sda)