In der Türkei sind drei in Basel wohnhafte Kurden verhaftet worden, die in der Schweiz politisch aktiv waren. Was die türkischen Behörden den Betroffenen vorwerfen, ist unklar. Gemäss dem Basler SP-Grossrat Mustafa Atici nahm einer davon nur an Demonstrationen teil.
Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte am Samstag, dass in der Türkei ein Mann mit türkisch-schweizerischer Staatsangehörigkeit in Haft sei. Der Mann wurde gemäss Grossrat Atici Ende April bereits bei der Einreise am Flughafen Istanbul verhaftet. Atici und das EDA bestätigten damit Informationen der «Basler Zeitung» und der «Schweiz am Wochenende».
Eingeschränkter konsularischer Schutz
Das EDA versucht, den Verhafteten freizubekommen. Doch aus Sicht der Türkei hat die Schweiz mit dem Verfahren gegen den Kurden aus Basel nichts zu tun.
«Die Arbeit wird dadurch erschwert, dass die türkischen Behörden schweizerisch-türkische Doppelbürger allein als türkische Staatsangehörige betrachten und dem EDA nicht immer erlauben, konsularischen Schutz zu gewähren», schreibt das Aussendepartement in einer Stellungnahme.
Angst geht um
Offiziell keine Kenntnis haben die Schweizer Behörden von den anderen beiden Fällen. Die beiden Kurden, einer aus der Stadt Basel und einer aus Frenkendorf (BL), sind zwar seit Jahrzehnten in der Schweiz wohnhaft, sie haben aber nur eine Niederlassungsbewilligung C und keine Schweizer Staatsbürgerschaft.
Beide waren in der südanatolischen Stadt Kahramanmaras verhaftet worden - einer am 10. April, der andere zwischen dem 16. und dem 20. April, wie Atici sagte. Einer der Männer sei inzwischen wieder freigelassen worden und habe nach Basel zurückkehren können. Der zweite Kurde befinde sich dagegen noch immer in türkischer Haft.
Atici hat von den Fällen Kenntnis, weil die Familien sich an ihn und andere Basler Kommunalpolitiker gewandt und um Hilfe gebeten haben. «Die Familien sind in grosser Sorge um ihre Angehörigen», sagte er.
Die Verhafteten seien auch früher in die Türkei gereist und damals unbehelligt geblieben. Viele hier lebende Türken und Kurden seien sehr besorgt.
Schrittweise Verschärfung
Nach dem gescheiterten Putsch im vergangenen Juli seien zunächst noch viele Kurden und Türken ohne Probleme in die Türkei gereist, sagte Atici. «Wir hatten den Eindruck, dass nur die mutmasslichen Anhänger der Predigers Fethullah Gülen bespitzelt, entlassen oder verhaftet werden. Heute trifft es die gesamte Opposition.»
Am 16. April hatte in der Türkei das Referendum zur Verfassungsänderung stattgefunden, das Präsident Recep Tayyip Erdogan umfassende Vollmachten über Regierung und Justiz geben soll. Das von Betrugsvorwürfen und Gewalt überschattete Referendum entschied die Regierungspartei AKP gemäss Wahlkommission knapp für sich.
Bevor die Vollmachten ganz in die Hand des Präsidenten übergehen sollen, ist noch eine Präsidentenwahl nötig. Diese findet voraussichtlich 2019 statt.
In der Türkei befinden sich Zehntausende in Haft: angebliche Putschisten, Gülen-Anhänger, Journalisten, Richter, Anwälte, Intellektuelle, Oppositionelle, darunter fast die ganze Führung der pro-kurdischen Partei HDP. (sda)