Renzi scheitert bei Referendum und tritt ab

Renzi scheitert bei Referendum und tritt ab

05.12.2016, 07:28

Nach der schweren Schlappe bei dem wichtigen Verfassungsreferendum hat Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi seinen Rücktritt angekündigt. Damit zog der europafreundliche Sozialdemokrat noch in der Nacht zum Montag die Konsequenz aus der bitteren Niederlage.

Am Montag wolle er seinen Rücktritt bei Staatspräsident Sergio Mattarella einreichen, sagte Renzi im Regierungspalast in Rom. «Wir haben es nicht geschafft, die Mehrheit unserer Bürger zu überzeugen», gab sich Renzi selbstkritisch und fügte hinzu: «Ich habe verloren, und das sage ich laut aber mit einem Knoten im Hals, weil ich kein Roboter bin.»

Hochrechnungen sahen die Gegner der Verfassungsreform von Renzi deutlich vorne - rund 60 Prozent stimmten demnach gegen die Pläne, nur 40 Prozent dafür. Dieser Trend bestätigte sich auch nach der Auszählung der Mehrheit der Wahlbezirke. Die Wahlbeteiligung lag bei 68 Prozent.

«Schnellstens Neuwahlen»

Die Reform sah vor allem eine Entmachtung des Senats vor, was das Regieren leichter machen sollte. Ständige Regierungswechsel in Italien sollten damit der Vergangenheit angehören. Für den Fall eines «Nein» hatte Renzi schon vorher seinen Rücktritt in Aussicht gestellt. Deshalb war das Referendum eine Abstimmung über seine politische Zukunft.

Seine Gegner wie die eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung oder die rechtspopulistische Lega Nord jubelten nach der Niederlage. «Die Italiener sollten schnellstens zur Wahl gerufen werden», schrieb Fünf-Sterne-Anführer Beppe Grillo in seinem Blog. Seine Parteikollegin, die römische Bürgermeisterin Virginia Raggi, erklärte: «Unsere Revolution macht nicht in Rom und Italien halt.»

In der EU war befürchtet worden, dass eine Niederlage Renzis den Populisten neuen Aufwind geben könnte.

Alle Augen auf Mattarella

Der 41-jährige Renzi war im Februar 2014 als jüngster Regierungschef in der Geschichte des Landes angetreten und gilt als Europa-Freund. Auch die Regierung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel pflegte eine gute Beziehung zu dem Chef des Partito Democratico (PD).

Alle Augen richten sich nun auf Staatspräsident Mattarella. Er muss entscheiden, wie es weitergeht. Er kann das Rücktrittsgesuch Renzis annehmen und eine Übergangsregierung einsetzen. Er kann auch das Parlament auflösen und Neuwahlen für das kommende Jahr anordnen. Bis 2018 müssen in Italien Parlamentswahlen stattfinden.

Renzi wollte sich dafür einsetzen, dass kein Machtvakuum entsteht. Denn dies würde sich auf die Finanzmärkte negativ auswirken. Die drittgrösste Volkswirtschaft in der Eurozone ist mit etwa 130 Prozent der Wirtschaftsleistung so hoch verschuldet wie wenige Länder der Welt, die Wirtschaft lahmt immer noch. Das «Nein» könnte nun auch die Krisenbanken weiter ins Wanken bringen.

Unterschiedliche Reaktionen

Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn befürchtet Turbulenzen für den Euro, sollte es in Italien eine längere Phase der Unsicherheit geben. «Für den Euro wäre es schlecht, wenn sich die Regierungskrise lange hinzöge», sagte er. Er rechne mit einer raschen Lösung. Für die EU sehe er dagegen keine drastischen Folgen. «Italien hat über eine Reform abgestimmt. Es wäre falsch, das jetzt auf die europäische Ebene zu ziehen. Das war eine innenpolitische Auseinandersetzung.»

In Frankreich reagierte Präsident François Hollande mit warmen Worten auf den Rücktritt Renzis. Er respektiere dessen Entscheidung und bringe ihm all seine Sympathie entgegen. Renzi habe sich für «mutige Reformen» eingesetzt, so Hollande.

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen bejubelte das gescheiterte Verfassungsreferendum. «Bravo an unseren Freund @matteosalvinimi für diesen Sieg», twitterte sie am späten Sonntagabend. Matteo Salvini ist Parteichef der rechtspopulistischen Lega Nord, die die Verfassungsreform bekämpft hatte. (sda/dpa/reu/afp)

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