Das Schweizer Stimmvolk dürfte noch in diesem Jahr über die Reform der Gesundheitsfinanzierung abstimmen. Der Schweizerische Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) hat am Donnerstag rund 57'000 Referendumsunterschriften bei der Bundeskanzlei in Bern eingereicht.
Es geht um die sogenannte Monismus-Vorlage, die eine einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Versorgung (Efas) vorsieht. Die Kantone sollen demnach neu für mindestens 26,9 Prozent und die Krankenversicherer über die Prämien höchstens für 73,1 Prozent der Leistungskosten aufkommen.
Heute werden ambulante Behandlungen allein von den Krankenkassen bezahlt, aus Prämiengeldern. Stationäre Leistungen übernehmen zu mindestens 55 Prozent die Kantone. Den Rest bezahlen die Kassen. Die Reform der Finanzierung soll mit einer Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) erfolgen.
Die Gegner des fundamentalen Umbaus der Finanzierung im Gesundheitswesen argumentieren, dieser sei gefährlich für das Pflegepersonal, die Versorgungsqualität und für die Versicherten. Die Reform verschiebe die Macht weg von den Kantonen hin zu den Krankenkassen. Diese verwalteten künftig elf Milliarden Franken an Steuergeldern und bestimmten, wer Geld für Pflegeleistungen und Operationen erhalte.
«Die Kassen sind aufgrund ihrer Undurchsichtigkeit, ihrer Betriebskosten und ihrer ständigen Interessenkonflikte ein Teil des Problems des Gesundheitssystems», sagte VPOD-Präsident Christian Dandrès in Bern vor den Medien. Anstatt ihre Macht zu beschneiden, gebe die Reform ihnen die Kontrolle über das gesamte System, so der Genfer SP-Nationalrat.
«Mit Efas würde sich die öffentliche Hand ihrer Pflicht entziehen, die Finanzierung der Alters- und Pflegeheime und der Spitex zu gewährleisten», hielt VPOD-Generalsekretärin Natascha Wey fest. Angesichts der steigenden Lebenserwartung und der demografischen Entwicklung widerspreche dieser Paradigmenwechsel den Bedürfnissen der Bevölkerung.
Generell drohten mit der Reform die Prämien und Kostenbeteiligungen noch stärker zu steigen, argumentiert das Referendumskomitee. Dadurch werde der Kostendruck im gesamten Gesundheitsbereich weiter steigen. Der Druck ist bereits heute hoch. Das zeigt sich laut den Reformgegnern auch in den konstant hohen Zahlen der Menschen, die den Pflegeberuf verlassen.
«Wir wissen, dass diese Revision zu einer weiteren Verschlechterung unserer Arbeitsbedingungen und der Qualität der Betreuung führen würde», sagte Friederike Flückiger, Pflegefachfrau und Präsidentin der VPOD-Gesundheitskommission. Es gelte, die Notbremse zu ziehen, um die KVG-Revision zu stoppen.
Die Monismus-Vorlage wurde 14 Jahre lang beraten. Die Mehrheit im Parlament sprach am Ende von einem gangbaren Kompromiss, der gefunden worden sei. Die Befürworterinnen und Befürworter von Efas argumentieren, dass mit der Vorlage die Kosten im Gesundheitswesen gesenkt werden könnten, indem möglichst viele Kranke ambulant statt stationär behandelt werden.
Das bezweifelt neben dem VPOD auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) und dessen Präsident Pierre-Yves Maillard. Die Reform würde das Gesundheitssystem nur verschlechtern und die Kosten erhöhen, um den Profitinteressen der privaten Akteure zu dienen, sagte der Waadtländer Ständerat.
Das Referendum des VPOD kam nach eigenen Angaben am Schluss durch «entscheidende Unterstützung» des SGB zustande. Der VPOD ist mit rund 34'000 Mitgliedern hinter der Unia und dem SEV der drittgrösste Verband innerhalb des SGB. (saw/sda)