Mehr als 2000 Wollmammut-Funde auf drei Kontinenten hat ein deutscher Forscher auf einer Weltkarte erfasst. Der frühere Lebensraum der Eiszeit-Riesen soll Aufschluss über die Verbreitung moderner Arten liefern.
Seit 25 Jahren beschäftige er sich mit der maximalen geografischen Verbreitung dieser Symbolfiguren der Eiszeit, sagte der Weimarer Eiszeit-Paläontologe Ralf-Dietrich Kahlke am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Wollmammute (Mammuthus primigenius), auch Fellmammute genannt, lebten etwa vor 110'000 bis 12'000 Jahren - in fast ganz Europa, der Mongolei, Nordchina, Südkorea, Japan und Nordost-Sibirien.
Auch im Mittelwesten der USA und in Ost-Kanada wurden fossile Reste der Grosssäuger gefunden. Die eiszeitlichen Dickhäuter besiedelten eine Fläche von mehr als 33 Millionen Quadratkilometern - mehr als das 100-fache der Fläche Deutschlands.
Niedrigere Meeresspiegel
In das Interesse der Forscher rückten zunehmend Meeresböden, entlegene Landregionen und ehemalige militärische Sperrgebiete wie die Insel Sachalin, sagte Kahlke. Auch in den Schelfregionen des arktischen Ozeans und Nordwest-Europa, auf dem Grund der heutigen Adria und der Krim seien Fossilien des Fellmammuts gefunden worden.
In der Eiszeit seien dies aufgrund der niedrigeren Meeresspiegel Landmassen gewesen. Süditalien und Südgriechenland gehörten noch zu den «weissen Flecken» ohne Mammut-Nachweise. «Uns interessieren vor allem diese Randgebiete, um die weitere Verbreitung des Mammuts nachweisen zu können.»
Laut Kahlke entstand so die bislang exakteste Karte zu den weltweiten Lebensräumen des Wollmammuts. «Solche detaillierten Kenntnisse über die Verbreitungsgebiete gibt es selbst für zahlreiche heute lebende Tierarten nicht.» Einzig die eiszeitlichen Bisons brachten es demnach auf eine ähnliche Verbreitung wie das Mammut.
Auch Deutschland und die Schweiz waren Mammut-Land. Allein im Schweizer Mittelland gibt es über 100 Fundstellen. Bekannt seien vor allem die tiefgefrorenen Mammuts, die jedes Jahr im Sommer durch das Schmelzen der oberen Schichten des Permafrost-Bodens in den Polarzonen und Tundren entdeckt würden, erklärt Kahlke.
Die Tierart sei dadurch bestens untersucht. Mammut-Elfenbein habe dort schon vor Jahrzehnten die Begierde von Jägern und Sammlern geweckt.
Alpengletscher
Gletscher, Gebirgsketten, Halbwüsten und Wüsten, Veränderungen des Meeresspiegels und Vegetationswechsel begrenzten die Ausbreitung des Mammuts. In der Schweiz liegt die Grenze in etwa dort, wohin die Alpengletscher während der letzten Eiszeit vordrangen.
Das Wissen darüber sei wichtig, auch, um die Verbreitung anderer Tierarten und deren Aussterben zum Ende der letzten Eiszeit zu verstehen. Diese Daten würden zudem helfen, Veränderungen bei der Verbreitung heutiger Tierarten zu begreifen.
Kahlke hat sich bei seinen Forschungen auf lokale Funde und Berichte der Wissenschaftler gestützt und diese überprüft. Die Datenanalyse wurde im Fachjournal «Quaternary International» veröffentlicht. (sda/dpa)