Das juristische Tauziehen um einen Eintritt des früheren brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva in die Regierung geht in die nächste Runde. Ein Richter am Obersten Gericht blockierte am Freitag erneut Lulas Amtsantritt als Stabschef der Regierung.
Richter Gilmar Mendes erklärte zur Begründung, die Berufung des Politikers zum Stabschef seiner Nachfolgerin Dilma Rousseff diene offensichtlich dazu, Lula gegen die Geldwäscherei-Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zu schützen. Er ordnete zudem die Wiederaufnahme von Korruptionsermittlungen durch ein normales Strafgericht an.
Mit seinem Entscheid setzte Mendes das Hickhack der Gerichte um Lulas Ernennung fort: Kurz nachdem der 70-Jährige am Donnerstag sein Amt als Stabschef angetreten hatte, erklärte ein Gericht in Brasília den Schritt für unwirksam. Einen Tag später dann hob ein Gericht in Rio de Janeiro die Entscheidung der ersten Instanz wieder auf.
Die Regierung kann gegen das jüngste Urteil vorgehen und eine Entscheidung des Plenums des Obersten Bundesgerichtshofs einfordern, das aber erst wieder am 30. März tagt. In der Zwischenzeit könnte Lula damit vorläufig in Untersuchungshaft kommen.
Weiterer Entscheid absehbar
Die einstweilige Verfügung gilt nun bis zu einer Entscheidung des Obersten Gerichts zu der umstrittenen Personalie. Ein Termin stand zunächst nicht fest.
Als Minister mit allen Privilegien wäre für Lulas Fall ausschliesslich der Oberste Gerichtshof zuständig - und nicht der Richter Sérgio Moro, der die Ermittlungen im Skandal um den Ölkonzern Petrobras leitet. Bei Auftragsvergaben an Bauunternehmen sollen viele Politiker Schmiergelder kassiert haben.
Lula war selbst von 2003 bis 2011 Präsident. Der charismatische 70-Jährige soll seiner Nachfolgerin politische Rückendeckung geben. Rousseff droht nämlich die Amtsenthebung.
Demonstrationen für Regierung
In Brasilien gingen unterdessen Hunderttausende Menschen für Rousseff und Lula auf die Strasse. «Es wird keinen Putsch geben», rief Lula in São Paulo den Anhängern zu. Dort beteiligten sich nach Angaben der Organisatoren bis zu 250'000 Menschen, andere Quellen sprachen von 95'000 Demonstranten. Es gab Kundgebungen in 22 Bundesstaaten. Dazu aufgerufen hatten Gewerkschaften und die seit 2003 regierende linke Arbeiterpartei von Rousseff.
Unter Lula boomte jahrelang die Wirtschaft, mit üppigen Sozialprogrammen verringerte er die Armut. Er war lange Zeit ein international gefeierter Politiker, aber die jüngsten Vorwürfe, die er bestreitet, haben seinen Ruf schwer beschädigt. Es geht unter anderem um ein Luxusapartment, dessen Besitz er verschwiegen haben soll. Lula bestreitet die Vorwürfe.
Ebenfalls in Sao Paulo gingen auch am Freitag wieder zahlreiche Brasilianer auf die Strasse, um gegen die linksgerichtete Regierung zu demonstrieren. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. (sda/afp)