Griechenland hat nach der Erfüllung der meisten Reformen eine schwierige Phase seiner Finanzkrise hinter sich und ist auf dem richtigen Weg. Diese Einschätzung vertrat EU-Kommissionspräsident Juncker nach einem Treffen mit dem griechischen Regierungschef Tsipras.
«Griechenland hat eine kritische Hürde genommen», sagte Jean-Claude Juncker am Dienstag im griechischen Fernsehen wörtlich. Die Griechen müssten aber die Reformen weiter umsetzen.
Juncker forderte zudem, dass die anderen EU-Länder sich solidarisch mit Griechenland zeigen, damit das Land mit der Flüchtlingskrise fertig wird. «Ich möchte, dass alle Staaten die Umsiedlung der Flüchtlinge aus Griechenland beschleunigen», sagte Juncker.
Alexis Tsipras sagte seinerseits, dass die Massnahmen der EU in Kooperation mit der Türkei Wirkung zeigten. «Es kommen in der Ägäis keine Menschen mehr ums Leben», sagte Tsipras.
Juncker versprach den Griechen Investitionen zur Ankurbelung ihrer Wirtschaft. Dazu müssten sie aber die Reformen so sehen, als seien sie eigene Projekte und nicht etwa von Brüssel diktierte Massnahmen, sagte Juncker.
Tsipras begrüsste den Juncker-Plan und erklärte, Athen habe bereits Projekte in Höhe von 5.4 Milliarden Euro ausgearbeitet. Der Plan des EU-Kommissionschefs sieht vor, bis zum Jahr 2018 mit Hilfe eines Fonds öffentliche und private Investitionen in der EU von etwa 315 Milliarden Euro anzustossen.
Gegen Brexit
Wie Tsipras sagte, sprechen sich Juncker und er angesichts des Referendums in Grossbritannien für den Verbleib des Landes in der EU aus. «Dies ist aber etwas, worüber das britische Volk entscheiden wird», sagte Tsipras. Und: «Der Aufstieg nationalistischer Kräfte zeigt, dass wir falsch unterwegs sind.»
Europa brauche dringend eine Kursänderung, einen «New Deal» sagte Tsipras. Die Politik der Austerität müsste aufgegeben werden. Unter dem Begriff «New Deal» wurden in den 1930er Jahren unter US-Präsident Franklin D. Roosevelt eine Reihe von Reformen im Kampf gegen die damalige Wirtschaftskrise bekannt.
7.5 Milliarden Euro freigegeben
Griechenlands internationale Gläubiger gaben unterdessen die nächste Finanztranche für das finanziell angeschlagene Land frei. Athen werde noch am Dienstag Hilfsgelder in der Höhe von 7.5 Millarden Euro erhalten, kündigten Juncker und der Direktor des europäischen Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, unabhängig voneinander während ihrer Besuche in Athen an.
Nach Angaben Reglings sollen 5.7 Milliarden Euro zur Begleichung der griechischen Schulden bei Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) genutzt werden. Die restlichen 1.8 Milliarden sollen eingesetzt werden, um inländische Zahlungsverpflichtungen zu begleichen, etwa gegenüber Firmen mit Staatsaufträgen. Damit soll auch der griechischen Wirtschaft ein Schub verliehen werden.
Athen und seine Euro-Partner hatten sich im vergangenen Juli auf ein drittes Hilfspaket in der Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro verständigt, um Griechenland vor der Pleite und dem Euro-Aus zu bewahren. Seit Ende vergangenen Jahres gab es aber keine Auszahlungen mehr, weil die griechische Regierung bei zugesagten Reformen im Steuer- und Rentenbereich im Verzug war. (sda/dpa/afp)