Die USA haben 15 Häftlinge aus dem umstrittenen Gefangenenlager Guantanamo in die Vereinigten Arabischen Emirate überstellt. Bei den Betroffenen handelt es sich um zwölf Jemeniten und drei Afghanen, wie das US-Verteidigungsministerium am Montag mitteilte.
Es ist der umfangreichste Gefangenentransfer unter der Ägide von US-Präsident Barack Obama. Die Regierung dankte den Emiraten für die «humanitäre Geste» und für die «Bereitschaft, die Bemühungen der USA zur Schliessung des Haftlagers zu unterstützen», wie es in einer Erklärung des Pentagon hiess.
Damit sitzen noch 61 Personen in Guantanamo ein. Bei den meisten handelt es sich um Terrorverdächtige, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 festgenommen wurden und seit Jahren ohne Urteil festgehalten werden.
Über die Jahre wurden fast 800 Gefangene in das Lager auf Kuba gebracht. Während der Ära von Präsident George W. Bush waren 532 Gefangene freigelassen worden. Sie wurden meist in grossen Gruppen nach Afghanistan oder Saudi-Arabien verlegt.
Viele der Häftlinge gelten inzwischen als ungefährlich. Die USA bemühen sich, Länder zu finden, die zu einer Aufnahme bereit sind. Im vergangenen Jahr wurden laut US-Angaben bereits fünf Häftlinge «erfolgreich» in die Vereinigten Arabischen Emirate überstellt.
Suche nach Aufnahmewilligen
Der Guantanamo-Sondergesandte der US-Regierung, Lee Wolosky, verwies in einer Erklärung auf die Dringlichkeit der geplanten Schliessung: «Der anhaltende Betrieb des Lagers schwächt unsere nationale Sicherheit, indem er die Beziehungen zu unseren wichtigsten Verbündeten und Partnern beschädigt und gewalttätige Extremisten ermutigt.»
Nach Angaben aus Washington ist für 19 weitere Guantanamo-Gefangene die Ausreise bewilligt, wenn sich Aufnahmeländer für sie finden. Unklar ist, was mit jenen Gefangenen passiert, die tatsächlich als gefährliche Extremisten eingestuft werden. Der von Obama vorgesehenen Inhaftierung in US-Gefängnissen verweigern sich die Republikaner im Kongress.
Bei einem der nun Ausreisenden handelt es sich nach Angaben aus Washington um einen Afghanen, der 2001 unter dem Verdacht, Landminen gelegt zu haben, festgenommen wurde. Er war 14 Jahre lang ohne Prozess in Guantanamo festgehalten worden.
In der Regel kommen Guantanamo-Häftlinge nach der Ausreise in Drittstaaten auf freien Fuss, allerdings unterliegen sie oft einer behördlichen Überwachung und müssen in manchen Fällen an Rehabilitierungsmassnahmen teilnehmen.
Rasche Schliessung
Die US-Programmdirektorin von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, Naureen Shah, nannte den jüngsten Schritt ein «starkes Zeichen, dass es Präsident Obama ernst sei mit der Schliessung Guantanamos bevor er aus dem Amt scheidet». Sie drängte gleichzeitig zu einer raschen Schliessung des Lagers. «Sollte Präsident Obama mit der Schliessung scheitern, könnte die nächste US-Regierung wieder Gefangene dorthin bringen.»
Denkbar wäre etwa, dass eine republikanische Regierung Gefangene aus dem Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien oder dem Irak nach Guantanamo bringe, warnte Shah. Der republikanische Kandidat Donald Trump hatte bereits angekündigt, er würde als Präsident wieder «böse Kerle» aus dem Anti-Terror-Kampf nach Guantanamo bringen.
Obama hatte nach seinem Amtsantritt im Januar 2009 versprochen, das Lager zu schliessen. Rechtliche Probleme und heftiger Widerstand im Kongress sowie in der Öffentlichkeit verhinderten aber, dass er das Versprechen erfüllte. So sperrt sich etwa der Kongress gegen eine Verlegung von jenen Häftlingen in die USA, die nicht in andere Länder geschickt werden können oder sollen. (sda/reu/afp/dpa)