Einen Tag vor Ablauf des Ultimatums der spanischen Zentralregierung an die katalanischen Separatisten hat sich Ministerpräsident Mariano Rajoy noch einmal an den katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont gewandt.
«Ich rufe Puigdemont auf, besonnen und ausgewogen zu handeln und die Interessen der Bürger in den Vordergrund zu stellen», sagte Rajoy am Mittwoch bei einer Parlamentsdebatte in Madrid.
Madrid gab Puigdemont bis Donnerstag um 10.00 Uhr Zeit, die Abspaltungspläne ad acta zu legen und zur verfassungsmässigen Ordnung zurückzukehren. Andernfalls sei die Zentralregierung dazu verpflichtet, Verfassungsartikel 155 einzusetzen, bekräftigte Rajoy am Mittwoch.
Zum wiederholten Dialogaufruf von Puigdemont sagte er, man könne «hier im Parlament reden», sofern die Bestrebungen zur Gründung eines eigenen unabhängigen Staates vorher gestoppt würden.
Artikel 155 der spanischen Verfassung ermöglicht unter anderem die Entmachtung einer Regionalregierung, wenn diese die Verfassung missachtet. Madrid könnte neben anderen Massnahmen Puigdemont und andere Amtsträger absetzen, das Regionalparlament auflösen und die Kontrolle über Regionalbehörden übernehmen.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin Soraya Sáenz de Santamaría sagte im Parlament, die Anwendung von Artikel 155 würde zum Ziel haben, die «Rechte der Katalanen zu garantieren», die Wirtschaft zu schützen und zur Rechtmässigkeit zurückzukehren. Zu den von Madrid erwogenen Massnahmen wollte sie weiterhin nichts Konkretes sagen.
Bei einem katalanischen Referendum am 1. Oktober hatten sich 90 Prozent der Teilnehmer für eine Abspaltung Kataloniens von Spanien ausgesprochen, die Beteiligung lag aber nur bei 43 Prozent. Am 10. Oktober unterzeichnete Puigdemont eine Unabhängigkeitserklärung, setzte diese aber umgehend wieder aus. (sda/dpa/afp)