Für den Kanton St. Gallen ist die Situation klar. Wie er am Donnerstag bekannt gab, will er «aus humanitärer Überzeugung» 60 Flüchtlinge aufnehmen. Bereits nach den Sommerferien sollen diese im ehemaligen Internat «Marienburg» in der Bodenseegemeinde Thal untergebracht werden.
Mit diesem Entscheid kommt der Kanton St. Gallen dem Bund entgegen. Der Bundesrat entschied letztes Jahr, 500 sogenannte UNHCR-Flüchtlinge aufzunehmen. Dies sind vor allem asylsuchende Kinder, Kriegstraumatisierte und Kranke aus Syrien.
Die Flüchtlinge werden nach den Sommerferien während sechs bis neun Monaten medizinisch und psychologisch betreut. Sie würden zudem auf die Integration in den Gemeinden vorbereitet, wie der Kanton in seiner Medienmitteilung schreibt.
Der Kanton wird die Bevölkerung am kommenden Montagabend orientieren. Er zählt dabei auf das «Verständnis der St. Galler sowie der Thaler Bevölkerung», wie der Kanton schreibt. Regierungsrat Fredy Fässler wünsche sich, dass die Bevölkerung ohne Vorurteile und mit Offenheit auf die Flüchtlinge zugeht.
Insbesondere nach Anti-Asyl-Protesten in den Aargauer Gemeinden wird spekuliert, wie gross das Verständnis der Thaler Bevölkerung für die Flüchtlinge sein wird. Als die Thal im Mai 2014 einen Platz für Fahrende abgelehnt hatte, sprach die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus von einer «rassistischen Argumentation».
Präsident der SVP St. Gallen, Herbert Huser, kündigte in einer ersten Stellungnahme keinen Widerstand an. Der Entscheid sei ein Beitrag an die humanitäre Tradition. «Wichtig ist, dass nicht nur junge Männer kommen, sondern jene, die wirklich Asyl brauchen.»
Anders zeigt sich Kantonsrat und St. Galler JSVP-Präsident Mike Egger. «Wir sehen den Entscheid des Kantons sehr kritisch. Wir werden die Orientierung am Montag abwarten und uns sämtliche Optionen offen lassen», sagt Egger gegenüber watson.
Ebenfalls abwarten möchte die JUSO. «Wir werden die Situation genau verfolgen», sagt Co-Präsident Samuel Brülisauer. Er werde sich mit seiner Partei gegen jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit wehren.