Superwahltag in 21 EU-Ländern: Beteiligung nach ersten Angaben hoch
Zum Abschluss der viertägigen Europawahl haben am Sonntag die Bürger in 21 Ländern über ihre neuen Abgeordneten für das EU-Parlament abstimmen können. In vielen der 28 EU-Staaten zeichnete sich dabei eine zum Teil deutlich höhere Wahlbeteiligung ab als 2014.
In Frankreich war die Beteiligung deutlich höher als vor fünf Jahren. Nach Angaben des Innenministeriums lag sie um 17.00 Uhr bei 43.29 Prozent und damit acht Prozentpunkte über dem Wert der vorigen Europawahl zur gleichen Zeit.
Schätzungen zufolge könnte die Beteiligung bis zur Schliessung der Wahllokale noch auf 52 bis 54 Prozent steigen. Insgesamt hatte die Beteiligung bei der Europawahl im Jahr 2014 in Frankreich bei 42.4 Prozent gelegen - diese Marke war nun bereits um 17.00 Uhr übertroffen.
In Deutschland machten bis zum frühen Nachmittag nach Angaben des Bundeswahlleiters 29.4 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch - das waren fast vier Prozentpunkte mehr als 2014 (25.6 %). Am Ende betrug die Wahlbeteiligung in Deutschland damals 48.1 Prozent.
Slowakei wohl mit Rekordbeteiligung
In Ungarn und der Slowakei lag der Zulauf am Sonntag in den ersten Stunden über dem bei jeder bisherigen Europawahl in diesen Ländern. In der Slowakei könnte nach Schätzungen sogar die höchste Beteiligung erreicht werden, die es in dem Euro-Land jemals bei einer Europawahl gab. Bislang war das Land in diesem Punkt immer Schlusslicht unter den EU-Staaten.
In Polen stimmten in den ersten fünf Stunden nach Öffnung etwa doppelt so viele Bürger ab wie 2014. In Spanien lag die Beteiligung bis zum Nachmittag zehn Punkte über der vor fünf Jahren.
Insgesamt waren mehr als 400 Millionen Wahlberechtigte in 28 Ländern dazu aufgerufen, die 751 Abgeordneten im EU-Parlament zu wählen. Erwartet wurden Verluste bei Christ- und Sozialdemokraten im Vergleich zur Wahl 2014 und Erfolge rechter EU-Kritiker in wichtigen Ländern. Liberalen und Grünen wurden Zugewinne vorhergesagt.
Offizielle Ergebnisse wurden erst nach Schliessung der letzten Wahllokale in der EU um 23.00 Uhr in Italien erwartet.
Auswirkungen auch auf Einzelstaaten
Der Wahlausgang könnte nicht nur die Europäische Union, sondern auch die grosse Koalition in Berlin erschüttern. Auf Deutschland, wo es knapp 65 Millionen Wahlberechtigte gibt, entfallen 96 Sitze im EU-Parlament.
Union und SPD mussten fürchten, bei der Europawahl auf ihre jeweils historisch schlechtesten Ergebnisse zu fallen. Die Grünen könnten nach Umfragen vor der SPD zweitstärkste Kraft werden, erstmals überhaupt bei einer bundesweiten Wahl.
In Italien wurde damit gerechnet, dass die rechtspopulistische Lega von Innenminister Matteo Salvini stärkste Partei wird. Darauf konnten auch die Partei der Nationalistin Marine Le Pen in Frankreich sowie die Brexit-Partei in Grossbritannien hoffen. Die Alternative für Deutschland (AfD) lag in Umfragen bei rund zwölf Prozent.
EU-freundlich Parteien wohl mit Mehrheit
EU-freundliche Parteien werden aber voraussichtlich auch im neuen Parlament rund zwei Drittel der Abgeordneten stellen. Ob sie breite Bündnisse schaffen, beeinflusst nicht nur die Handlungsfähigkeit der Union, sondern auch die Besetzung von EU-Spitzenpositionen.
Auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten hoffen der CSU-Politiker Manfred Weber, dessen Europäische Volkspartei (EVP) stärkste Kraft bleiben dürfte, sowie der Sozialdemokrat Frans Timmermans, der mit seiner Partei in den Niederlanden nach Prognosen überraschend vorne lag. (sda/afp/dpa/reu)
