Der Volkswagen-Konzern stellt sich angesichts der Folgen des Abgas-Skandals und eines weltweit rauen Marktumfelds für die Autobranche auf ein weiteres schwieriges Jahr ein. Allzu viel «Rückenwind» von der Marktseite sei nicht zu erwarten.
Die Rekordjagd der Vergangenheit sei «zumindest unterbrochen», sagte Vorstandschef Matthias Müller am Donnerstag bei der Jahresbilanzpressekonferenz am Stammsitz Wolfsburg. «Wir wissen: 2016 wird für den Volkswagen-Konzern noch einmal ein sehr anspruchsvolles Jahr.»
Der Konzernumsatz werde aus heutiger Sicht voraussichtlich unter dem des Vorjahres liegen, auch wenn kein dramatischer Rückgang zu erwarten sei. Möglich seien dabei bis zu fünf Prozent. Müller betonte zugleich, es stehe ausser Frage, dass der Konzern «auch in harten Zeiten» zu seiner «sozialen Verantwortung» für die Mitarbeiter stehe.
Detaillierte Angaben zur Geschäftsentwicklung im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs machte VW bislang nicht, weil das Unternehmen die Bilanzfeststellung verschieben musste. Müller sagte am Donnerstag lediglich, VW sei «angesichts der widrigen Umstände mit dem Start ins Jahr insgesamt zufrieden». Das Unternehmen hatte die Rekordsumme von 16.2 Milliarden Euro zurückgestellt, um die Folgen des Skandals abzufangen.
Golf-Modelle in die Werkstätten
VW schliesst jedoch eine Veräusserung von Geschäftsteilen nicht aus. Wegen der Kosten unter anderem für technische Lösungen, den Rückkauf von Fahrzeugen oder mögliche Strafzahlungen könnten sich «erhebliche weitere finanzielle Belastungen» ergeben, heisst es in dem am Donnerstag veröffentlichten Geschäftsbericht.
Ausserdem könne es zu einem Rückgang der Nachfrage und geringeren Margen im Neu- und Gebrauchtwagengeschäft kommen. «Der benötigte Finanzbedarf zur Deckung der Risiken kann dazu führen, dass Vermögensgegenstände lagebedingt veräussert werden müssen.»
Der stockende Diesel-Rückruf und die Milliardenkosten der Abgaskrise zwingen VW aktuell zum Umsteuern an mehreren Fronten. Angesichts massiver Probleme bei der Umrüstung des Passats holt der Konzern nun nach ersten Modellen des Pick-ups Amarok als nächstes den Golf in die Werkstätten. «Die Entscheidung ist heute Morgen gefallen», sagte Müller. Der Starttermin ist unbekannt.
Rolle der deutschen Regierung klären
Derweil will die Opposition im deutschen Bundestag mit einem Untersuchungsausschuss der Verantwortung der Regierung im Diesel-Abgasskandal klären. Der Untersuchungsausschuss besteht aus acht Abgeordneten der im Bundestag vertretenen Parteien. Er überprüft Missstände in Regierung und Behörden sowie mögliches Fehlverhalten von Politikern. Er kann Sachverständige einladen und Zeugen vernehmen.
Ein Bericht hatte festgestellt, dass zwar kein weiterer Hersteller betrügerisch wie VW vorgegangen sei. Im grossen Stil seien aber Ausnahmeregelungen der EU zum Schutz des Motors ausgenutzt worden, so dass Abgaswerte deutlich erhöht waren. Es soll daher einen freiwilligen Rückruf von 630'000 Fahrzeugen geben. Zudem will die Regierung die EU-Richtlinie ändern. (sda/afp/dpa/reu)