Klägerin beschwert sich bei Genfer Justiz im Fall Ramadan

Klägerin beschwert sich bei Genfer Justiz im Fall Ramadan

05.07.2019, 10:4005.07.2019, 10:40

Ein mutmassliches Missbrauchsopfer des Islamologen Tariq Ramadan hat bei der Genfer Strafkammer Beschwerde eingelegt gegen «das langsame Vorgehen der Justiz». In einem Schreiben werfen die Anwälte der Genfer Justiz «Untätigkeit und Verweigerung der Rechtspflege» vor.

Das Schreiben wurde am Freitag von mehreren Westschweizer Meiden zitiert. «Mehr als fünfzehn Monate nach Einreichung der Klage und mehr als ein Jahr nach der Anhörung unserer Mandantin durch die Polizei scheint noch keine Untersuchungshandlung stattgefunden zu haben», beschweren sich die beiden Verteidiger der Klägerin. Sie beschuldigt Ramadan, sie 2008 in einem Hotel in Genf missbraucht und entführt zu haben.

Die Staatsanwaltschaft leitete im September 2018 ein Ermittlungsverfahren wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung ein. Ramadan wurde in diesem Fall noch nicht vernommen.

Es seien im Februar und März 2018 zwar vier Einvernahmen geplant gewesen, um den Angeklagten und rund zehn Zeugen anzuhören, schreiben die Anwälte. Sie seien aber von der Staatsanwaltschaft ohne Erklärung abgesagt worden. In ihren Augen stellt das Vorgehen der Genfer Justiz «eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention» dar.

Zwei Strafverfahren in Frankreich

In Frankreich laufen gegen den Gelehrten ebenfalls zwei Strafverfahren. Auch dort wird Ramadan Vergewaltigung vorgeworfen. Mitte November wurde er nach neunmonatiger Untersuchungshaft freigelassen. Unter strenger gerichtlicher Kontrolle ist es Ramadan verboten, französisches Territorium zu verlassen. In beiden Fällen behauptet der Theologe, dass es sich um einvernehmliche Beziehungen handelte.

Ramadan ist in der Schweiz geboren, seine Vorfahren stammen aus Ägypten. Sein Grossvater war Hassan al-Banna, der Gründer der konservativen Muslimbruderschaft. Er unterrichtete zwischen 1984 und 2004 an mehreren Genfer Schulen.

Kritiker werfen dem 56-Jährigen vor, für eine besonders konservative und politische Auslegung des Islam einzutreten. Er selbst weist aber jede Nähe zu extremistischen Strömungen im Islam zurück. Die USA hatten ihm zwischen 2004 und 2010 aus politischen Gründen ein Einreiseverbot erteilt. (sda)

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