Mit Empörung hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf die Präsenz ausländischer Diplomaten als Beobachter im Prozess gegen zwei prominente Journalisten reagiert. Unter den Diplomaten waren der deutsche Botschafter und der britische Generalkonsul.
«Dies ist nicht Ihr Land, dies ist die Türkei», empörte sich Erdogan am Samstag in einer vom Fernsehen übertragenen Rede. Die Diplomaten könnten im Rahmen ihrer Vertretungen tätig werden, ansonsten sei eine Erlaubnis nötig.
In Istanbul hatte am Freitag der umstrittene Prozess gegen die beiden regierungskritischen Journalisten der Zeitung «Cumhuriyet», Can Dündar und Erdem Gül, begonnen. Dündar ist Chefredaktor der Zeitung «Cumhuriyet», Gül Hauptstadt-Büroleiter.
Sie müssen sich nach einem Bericht über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Islamisten in Syrien wegen des Vorwurfs der Spionage und des Verrats von Staatsgeheimnissen verantworten.
Erdogan hatte persönlich Strafanzeige gestellt. Zum Prozessauftakt waren etwa 200 Besucher ins Gericht gekommen, darunter Kollegen, Oppositionspolitiker, einfache Bürger und ausländische Diplomaten. Erdogan warf den Diplomaten nun vor, sie hätten «Stärke demonstrieren» wollen. «Wer sind Sie? Was machen Sie da?», rief er wütend in seiner Rede aus.
Künftig hinter verschlossenen Türen
Der Prozess findet künftig hinter verschlossenen Türen statt. Die Richter gaben zum Prozessauftakt einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft statt. Die Unterstützer der beiden Angeklagten im Gerichtssaal reagierten empört auf den Ausschluss der Öffentlichkeit.
Gegen den Prozess hatten der Europarat, internationale Journalistenverbände sowie unter anderen mehr als hundert Autoren in einem offenen Brief protestiert, unter ihnen Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa.
Kritiker werfen der türkischen Regierung ein zunehmend repressives Vorgehen gegen oppositionelle Medien vor. Auf einer Rangliste zum Stand der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 149 von 180 Staaten. Dutzende Journalisten sind in dem Land inhaftiert. (sda/afp/dpa)