Atomabfälle: Zürich-Nordost: Nagra-Bericht mit unbeantworteten Grundsatzfragen

Atomabfälle: Zürich-Nordost: Nagra-Bericht mit unbeantworteten Grundsatzfragen

19.03.2016, 17:44

Die Regionalkonferenz Zürich Nordost (ZNO) kritisiert den aktuellen Nagra-Bericht zur Standortfrage eines Atomendlagers. Zürich Nordost ist neben Jura Ost eines von zwei Standortgebieten, das die Nagra zur Lagerung von Atommüll vertieft untersuchen will.

Der Bericht weise unbeantwortete Grundsatzfragen bezüglich Plausibilität und Nachvollziehbarkeit auf, schreibt die Regionalkonferenz in einer Mitteilung vom Samstag. Sie hat am Samstag ihren provisorischen Gesamtbericht verabschiedet.

Die Vollversammlung beschloss, dem Bundesamt für Energie (BFE) zu empfehlen, den Bericht der Nationalen Genossenschaft zur Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) in der aktuellen Version nicht für den Einengungsentscheid des Bundesrates zu verwenden.

Die Regionalkonferenz sieht sich in ihrer Beurteilung in Übereinstimmung mit der Haltung des Ausschusses der Kantone. Unbefriedigend seien insbesondere die Annahmen zur minimalen Tiefenlage des Lagers hinsichtlich möglicher Gletschererosion. Sie müssten vertieft geprüft und mit erdwissenschaftlichen Untersuchungen untermauert werden.

Bei den Volumenannahmen der radioaktiven Abfälle lägen dem Nagra-Bericht unterschiedliche, sich widersprechende Angaben zugrunde. Es müssten die tatsächlichen Abfallinventare sowie der aktuelle Ausbaustandard des Tiefenlagers aufgezeigt werden, sonst seien die Aussagen der Nagra nicht nachvollziehbar.

Worst-Case-Szenarien veröffentlichen

Zur Berechnung der Radioaktivität, die über die Zeit an die Oberfläche austritt, verlangt die Regionalkonferenz die Veröffentlichung von Worst-Case-Szenarien. Diese müssten mehrere ungünstige Annahmen kombinieren.

Bezüglich Oberflächenanlagen beharrt die Regionalkonferenz darauf, dass vor der definitiven Standort-Festlegung die Art des Zugangs unter Tag geklärt wird. Zudem müsse feststehen, wo sich der Standort für die Brennelementverpackungsanlage befindet.

Nicht nachvollziehen kann die Regionalkonferenz, warum Standortregionen zurückgestellt werden sollen, welche genügend Platz für die Abfälle gemäss Energiestrategie 2050 des Bundes aufweisen und die sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllen.

Sozio-ökonomische Faktoren berücksichtigen

Kein Verständnis hat die Regionalkonferenz dafür, dass bei gleicher sicherheitstechnischer Eignung von zwei Standorten die sozio-ökonomischen und ökologischen Kriterien nicht zur Anwendung gelangen sollen.

Nicht passieren dürfe, dass ein Standortentscheid «aufgrund minimalster, interpretationsanfälliger Sicherheitsunterschiede» vorgenommen werde, während «gravierende sozio-ökonomische Unterschiede» zwischen den Regionen ausser Acht gelassen würden.

Die Regionalkonferenz ist der Ansicht, dass bei einer solchen «Missachtung der Bedürfnisse der involvierten Regionen» einer fundamentalen Opposition gegen ein Tiefenlager Vorschub geleistet würde.

Abschluss der aktuellen Etappe Ende 2018

Die Regionalkonferenz Zürich Nordost ist die letzte von sechs Regionalkonferenzen, welche ihre Stellungnahme zum Nagra-Bericht zu zwei möglichen Standorten abgegeben hat. Die Nagra hatte im Januar 2015 bekannt gegeben, dass sie in der dritten Etappe ab 2019 die beiden Gebiete Jura Ost und Zürich Nordost als mögliche Standorte für geologische Tiefenlager zur Entsorgung radioaktiver Abfälle vertieft untersuchen wolle.

In ihren Stellungnahmen sollten die sechs Regionalkonferenzen insbesondere die Nachvollziehbarkeit des Nagra-Vorschlags sowie den bisherigen Verlauf des Standortauswahlverfahrens bewerten, wie das Bundesamt für Energie (BFE) am Samstag mitteilte.

Der Vorschlag wird zudem auch vom Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI), der Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) sowie von weiteren Bundes- und Kantonsstellen überprüft. Darauf basierend nimmt das BFE eine Gesamtbeurteilung des Vorschlags vor.

Ende 2017 sollen sämtliche Berichte, Gutachten und Stellungnahmen in eine dreimonatige öffentliche Vernehmlassung gehen. Ein Jahr später soll der Bundesrat über den Vorschlag der Nagra und den Abschluss von Etappe 2 des Verfahrens entscheiden. (sda)

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