Die Geschichte der Jenischen in der Schweiz und ihrer Verfolgung durch die Behörden soll Teil des Geschichtsunterrichts sein und in die Geschichtsbücher aufgenommen werden. Das fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker.
30 Jahre nach der Entschuldigung des Bundesrates würden die Jenischen immer noch diskriminiert, schrieb die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Das Schicksal der «Kinder der Landstrasse» drohe, vergessen zu gehen.
«Am 3. Juni 1986 entschuldigte sich Bundesrat Alphons Egli dafür, dass der Bund das 'Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse' der Stiftung Pro Juventute mitfinanziert hatte», hiess es in der Mitteilung vom Freitag.
Zu «brauchbaren Bürgern» machen
«Kinder der Landstrasse» entriss zwischen 1926 und 1972 rund 600 jenische Kinder ihren Eltern. Die Kinder wurden in Heime gesteckt oder zu Pflegeeltern gebracht. Ziel war, die Kinder der als «Zigeuner» und «Gesindel» an den Rand der Gesellschaft gedrängten Jenischen zu «brauchbaren Bürgern» zu machen. Die jenische Kultur sollte ausgerottet werden.
Bis heute fehle dieses düstere Kapitel der Schweizer Geschichte in den Schweizer Schulbüchern, schreibt die GfbV weiter und fordert: «Die 'Kinder der Landstrasse' gehören ins Geschichtsbuch!»
«Wir stellen fest, dass die Jugendlichen nichts mehr über die 'Kinder der Landstrasse' wissen», liess sich GfbV-Kampagnenleiterin Angela Mattli in der Mitteilung zitieren.
Die Geschichte und die Verfolgung der Jenischen gehörten auch in die Geschichtsbücher, damit die damaligen Fehler der Behörden nicht vergessen gingen «und sich vor allem nicht wiederholen». Im Nationalrat sei inzwischen ein Vorstoss eingereicht worden mit der gleichen Forderung.
Entlarvende Sprache
Jenische, Roma und Sinti werden in den Augen der GfbV nach wie vor diskriminiert in der Schweiz. «Allein der verwendete Begriff 'Fahrende' zeigt, dass die Diskussion von Vorurteilen geprägt ist. Jenische sind Jenische. Ob sie fahren oder sesshaft sind», so Mattli.
Im Alltag würden Jenische häufig Opfer von «Racial profiling» durch die Polizei. Und in politischen Gremien seien sie untervertreten. Damit würden die Anliegen dieser Minderheit oft auf die lange Bank geschoben, wie das Beispiel der immer wieder neu beginnenden Verhandlungen um genügend Stand -und Durchgangsplätze zeige. (sda)