Ruckzuck, Zackzack! Beim Einkauf soll es aus Konsumentensicht möglichst schnell gehen. Auch dafür haben Detailhändler wie Migros, Coop, Aldi und Lidl in den vergangenen Jahren ihre Filialen zunehmend mit Self-Checkout-Kassen ausgerüstet. Dort können die Kundinnen und Kunden ihre Waren selbstständig einscannen und bezahlen.
Einzig: Wenn Alkoholprodukte eingescannt werden, ist jeweils eine Kontrolle durchs Personal notwendig. Erst dann ist das weitere Einscannen und das Bezahlen der Ware möglich.
Die Coop-Tochter Coop Pronto geht nun aber einen neuen Weg, wie ein CH-Media-Leser in einer Filiale bemerkt hat. Wird eine Bierdose oder eine Flasche Wein eingescannt, kommt keine Coop-Pronto-Angestellte mehr vorbei zur visuellen Alterskontrolle. Stattdessen wird der Kunde oder die Kundin aufgefordert, selbst einen amtlichen Ausweis einzuscannen. So kann die Software das Geburtsdatum sofort überprüfen – und je nachdem den weiteren Einkauf ermöglichen.
Coop Pronto scheint das Thema unangenehm zu sein. Die Antworten bleiben auf mehrfache Anfragen dünn. Die neue Option habe man Anfang Jahr in allen 331 Filialen ausgerollt, sagt Sprecher Tim Sommer. Das Personal habe die Möglichkeit, in Stosszeiten mit grossem Kundenandrang, diese Option bei den Self-Checkout-Kassen freizuschalten. Akzeptiert würden Identitätskarten und Fahrausweise.
Und wie wird sichergestellt, dass kein Missbrauch betrieben wird, indem zum Beispiel Jugendliche einfach die ID einer erwachsenen Person verwenden? Der Sprecher bleibt vage. Das Thema Jugendschutz sei für Coop Pronto zentral. «Das Shop-Personal wird laufend geschult und es finden Kontrollen statt», sagt Sommer. Bei Coop Pronto gelte ein schweizweites Mindestalter von 18 Jahren für den Kauf von Alkohol und Tabak und es werden nur amtliche Personalausweise akzeptiert.
Doch die Frage, wie das Personal – gerade zur Stosszeit – auch noch die Ausweise bei der Selbstbedienungskasse kontrollieren soll, bleibt unbeantwortet. In Bezug auf den Datenschutz sagt Sommer derweil auf Nachfrage, dass keine Daten der Ausweisdokument gespeichert würden.
Stellt sich die Frage, ob das Warten auf das Personal für Alkohol-Einkaufende auch im regulären Coop-Supermarkt bald vorbei sein wird. «Die Überprüfung des Alters an unseren Self-Checkout-Kassen erfolgt wie bisher nach demselben Prinzip wie an den bedienten Kassen», sagt Sprecherin Anna Berger. Werde Alkohol eingekauft, so überprüfe das Personal das Alter der Kundinnen und Kunden. Gleichzeitig sagt sie aber auch: «Wir überprüfen ständig unsere eingesetzten Technologien und entwickeln diese laufend weiter.»
Und was sagt die Fachorganisation für Alkoholsucht, das Blaue Kreuz? Man erachte es als «kritisch», wenn einfach eine ID eingescannt werden und direkt danach bezahlt werden könne, aber niemand kontrolliere, ob es wirklich die ID der einkaufenden Person sei, sagt Sprecher Patrick Jola. «Dann könnte problemlos geschummelt werden, was die neue Lösung hinsichtlich der Einhaltung des Tabakproduktegesetzes ad absurdum führen würde.»
Dieses Gesetz regelt seit vergangenem Oktober schweizweit unter anderem den Vollzug der Tabak- und Alkoholtestkäufe sowie die Verfahren bei einem Verstoss. Den Kantonen wird dadurch ermöglicht, administrative und strafrechtliche Schritte gegen Betriebe einzuleiten, die den Jugendschutz nicht einhalten.
Das Blaue Kreuz will jetzt aktiv werden: «Wir werden sicherlich verstärkt darauf hinarbeiten, dass solche Bezahlmöglichkeiten im Rahmen der Testkäufe getestet werden», sagt Jola in Bezug auf die neue Selbstkontrollen-Funktion in den Coop-Pronto-Filialen. Zudem überlege man sich, das Gespräch mit dem Detailhändler zu suchen.
«Wir hatten bereits einen engen Austausch mit den Coop-Verantwortlichen beim Thema Online-Verkäufe», sagt Jola. Vor einigen Jahren hatte das Blaue Kreuz aufgedeckt, dass bei Online-Testkäufen die Jugendschutz-Gesetze nicht eingehalten wurden – darunter auch von Coop. (aargauerzeitung.ch)