Zuwanderung: RASA-Initiative erzwingt erneute Abstimmung über Zuwanderung

Zuwanderung: RASA-Initiative erzwingt erneute Abstimmung über Zuwanderung

27.10.2015, 12:08

Die Initiative «Raus aus der Sackgasse» RASA kommt vors Volk. Die Initianten haben am Dienstag 110'000 beglaubigte Unterschriften bei der Bundeskanzlei deponiert. Sie wollen erreichen, dass der Text der Masseneinwanderungsinitiative aus der Verfassung gestrichen wird.

Für die Initianten handelt es sich dabei aber lediglich um einen «Plan B». Falls Bundesrat und Parlament innert nützlicher Frist eine Umsetzung präsentieren, die die bilateralen Verträge mit der EU nicht gefährdet, wollen sie die Initiative zurückziehen.

Im «Ernstfall» solle die Bevölkerung aber darüber abstimmen können, ob sie der wortgetreuen Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative oder den bilateralen Verträgen den Vorrang gebe, sagte Franziska Barmettler vom RASA-Vorstand am Dienstag vor den Medien in Bern. RASA sei der «Notausgang, falls die Quadratur des Kreises nicht gelingt».

Mehrheit für Bilaterale

Laut Barmettler war schon der Entscheid vom 9. Februar 2014 kein Entscheid gegen die Bilateralen. Diesen Befund haben die Initianten mit einer aktuellen Umfrage bei 1000 Stimmberechtigten bestätigt: Vor die Wahl gestellt, möchte eine Mehrheit von 43.1 Prozent die bilateralen Verträge mit der EU erhalten, 39.7 Prozent wollen die SVP-Initiative umsetzen.

Die Details der Umfrage zeigen aber auch, dass die Mehrheitsverhältnisse auf dem Land umgekehrt sind. Auch in der Ostschweiz zieht eine Mehrheit die Masseneinwanderungsinitiative den Bilateralen vor. Nicht aber in der Innerschweiz: Dort sprach sich eine deutliche Mehrheit der Befragen für stabile Verhältnisse mit der EU aus.

Dieses Ergebnis beflügelt die Hoffnungen der Initianten, für ihr Anliegen ein Ständemehr zu bekommen. Das Volksmehr für die SVP-Initiative war zwar äusserst knapp. Diese bekam aber eine klare Mehrheit von 14.5 Standesstimmen. Für das Ständemehr genügen 12 Stimmen.

Parteien halten sich bedeckt

Mit Ausnahme von Zug sagten damals alle Zentralschweizer Kantone Ja. Als Tourismuskantone wären sie aber stark von einer Isolation der Schweiz betroffen, sagte Beat Ringger vom RASA-Vorstand. Daher geht er davon aus, dass ein Ständemehr für RASA möglich wäre. Und bei den eidgenössischen Wahlen hätten 70 Prozent jenen Parteien die Stimme gegeben, die die bilateralen Verträge weiterführen wollten, sagte er.

Mit diesen gab es nach Angaben des Staatsrechtlers Andreas Auer vom Initiativkomitee bisher keine offiziellen Kontakte. Vor den Wahlen habe sich niemand engagieren wollen, sagte er. Die Initianten hoffen, dass sich dies nun ändert. Denn eine Abstimmungskampagne wollen und können sie nicht alleine führen. Sie suchen deshalb ein Bündnis mit «allen Kräften, die dem Verhältnis der Schweiz zur EU Sorge tragen wollen», wie Barmettler sagte.

Ehrgeiziger Zeitplan

Auf Unterstützung der Parteien sind die RASA-Initianten auch für ihren äusserst ehrgeizigen Zeitplan angewiesen. Sie wollen auf jeden Fall erreichen, dass die Abstimmung über ihre Initiative vor einer allfälligen Umsetzung der SVP-Initiative auf dem Verordnungsweg stattfindet. Der Fall tritt im Februar 2017 ein, falls das Parlament bis dahin keine Vorlage ausgearbeitet hat.

Damit blieben 15 Monate, um die «tickende Zeitbombe in der Verfassung» zu entschärfen, sagte Leo Caprez vom Initiativkomitee. Als Beleg, dass eine Abstimmung in dieser Frist möglich ist, führte er die Initiative Stopp-F/A-18 ins Feld. Über diese war ein Jahr nach der Einreichung abgestimmt worden. Ob das Parlament auch bei RASA derart Tempo macht, ist offen.

Professionelle Organisation

Bei der Unterschriftensammlung hingegen haben die Initianten nichts dem Zufall überlassen. Innerhalb weniger Monate stellten sie eine Organisation mit 30 Angestellten auf die Beine. Acht Monate nach der Lancierung hatten sie 130'000 Unterschriften zusammen, davon waren 80 Prozent auf der Strasse gesammelt worden.

Die Sammlung wurde auf die grossen Städte konzentriert, wo die SVP-Initiative auf grössere Skepsis stösst. Pro Unterschrift boten die Initianten den Sammlerinnen und Sammlern 1.5 Franken an. Insgesamt wurden für die Sammlung 300'000 Franken ausgelegt, für die Organisation selber 200'000 Franken.

Dieses Budget wurde durch Spenden gedeckt. Mehr als die Hälfte steuerten nach Angaben der Initianten der Milliardär Hansjörg Wyss, der Wirtschaftsrechtler Peter Nobel und mehrere Organisationen bei. Zu den Unterstützern der Initiative gehören auch alt Bundesrätin Micheline Calmy-Rey, der ehemalige Bundesgerichtspräsident Giusep Nay, die Künstlerin Pipilotti Rist, der Fussballer Andy Egli und Clown Dimitri. (sda)

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